zu den Gesamtinhaltsverzeichnissen | |
2015081400 | Das Zweite System |
2015081401 | Symmetrieen von Tasten, Tönen und Noten |
2015081402 | Transmusikalischer Gehalt der klassischen SHS-Durchführung |
(Vorwort zu einer kleinen Reihe "Modulationspläne klassisch/romantischer SHS-Dfs") | |
2015081403 | Der Plan der Df im Kopfsatz von Beethovens Sturmsonate op. 31.2 |
(Nr. 1 der kleinen Reihe "Modulationspläne klassisch/romantischer SHS-Df") | |
2015081404 | Vertikale Symmetrieen in Beethovens Sturmsonate op. 31.2 |
(Nr. 2 der kleinen Reihe "Modulationspläne klassisch/romantischer SHS-Df") |
^inh 2015081400 | phaenomen |
Das tonal-funktionale System von Tonarten und Harmonik, wie es sich in durchaus
unterschiedlichen und teils von einander unabhängigen Schritten seit dem Mittelalter
entwickelt hat, erreicht mit der "gleichschwebenden Temperatur" des Klavieres
(Zarlino, Werckmeister u.a. um 1700) einen Endpunkt des Ausprobierens
und einen Ausgangspunkt für ganz neuartige kompositorische Forschung.
Diese beruht auf der erstmaligen Möglichkeit, alle denkbaren Tonarten als aufeinander
bezogen begreifen zu können, und damit aufeinander folgend in derselben Komposition auch
zu verwenden.
In der Sprache der Mathematik kann das als "Abgeschlossenheit" bezeichnet werden, in
der der Informatik als "Kompositionalität", in der der Physik als "Eich-Symmetrie":
Keine Tonart ist fürderhin herausgehoben, besonders, singulär oder unvermittelt; alle
harmonischen Pläne und Formeln sind abstrakt und können mit beliebigen Tonarten
instantiiert werden; jeder harmonische Prozess oder Effekt kann auf verschiedenen
Stufen wiederholt werden, was eine hierarchische, quasi-fraktale Organisation
größerer Sonatendurchführungen bewirkt.
(Notabene, diese "Gleich-Macherei" besteht IM PRINZIP! Dass verschiedene Tonarten verschiedene Färbungen haben; dass nicht alle historischen Stimmungssysteme die Eich-Symmetrie vollkommen realisieren; dass die kompositorische Praxis nur allmählich das Tiefen-Stapeln von Struktur erlernte; dass konkrete Instrumente konkrete Einschränkungen haben; -- all das ist davon unbenommen!)
Eine erste Konsequenz ist die leichtere Erlernbarkeit des Handwerkes: Statt
komplizierter Generalbass-Ziffern, die in jeder Tonart leicht anders aussehen, kann
man sich Akkord-Funktionen vorstellen, die als solche immer dieselben sind, nur je
anders realisiert werden.
Daraus wiederum folgt die "Ubiquität der Theorie": Fast alles was geschieht, jeder
Griff auf der Klaviatur oder auf den Saiten, jedes intonierte Intervall, kann fast
unmittelbar auf die Grund-Modelle der Theorie bezogen werden; diese Bezug zu üben ist
ja gerade wichtiger Bestandteil des Trainings des Musikers (Gehörbildung,
Solmisation, harmonische Analyse, Kadenzen-Kloppen, etc.)
Dieser Gewinn an Regelmäßigkeit und Einfachheit führt allerdings dazu, dass mit
fortschreitender Entwicklung nichts mehr unmöglich scheint. Die Theorie und die
theoretisch fundierte Praxis werden zunehmend neutral gegenüber dem Gehalt
und der Gestalt! Dies geht einher mit der Entwicklung zu sog. "absoluter Musik", die
einen transzendentalen Inhalt unabhängig von konkreten Verwendungszusammenhängen
darstellen will.
Im gregorianischen Gesang war mit der Wahl der "Tonart" sofort ein Vorrat von
Anfangs-Floskeln, Zeilenschlüssen, Schluss-Signalen verbunden, die für jede Tonart
anders aussieht und mit der für den Komponisten das Material vorbereitet ist.
Ähnliches gilt für bestimmte Satztypen instrumentaler Volksmusik, etc., aber auch für
Opern-Arien, Virtuosenstücke, etc.
All das ist hinfällig für funktionalharmonische und absolute Musik. Die funktionalharmonische Organisation von Tonraum, Harmonik, Klang, Verlauf, etc., ist nicht sehr ergiebig für die Prädisposition des kompositorischen Materials, weil sie sich ja gerade bemüht, sich dem gegenüber neutral zu verhalten. Diese Theorie und die mit ihr entwickelten handwerklichen Produktionsprozesse sind sehr effektiv und gut kontrollierbar, sie sind aber ZU universell, weil genau das ja ihr Anspruch ist.
Dies hat die konkrete Konsequenz, dass in vielen gerade der avanciertesten und
engagiertesten Werke die Komponisten dazu übergingen, neben dem tonalen System immer
ein ganz bestimmtes, je eigens pro Werk ausgewähltes "Zweites System" für die
harmonische Gestaltung dazuzunehmen!
Das tonale System, was "prinzipiell Alles" hervorbringen kann, wird dann weiterhin
als bequemes, effektives und gut kontrollierbares Produktionsmittel verwendet,
aber bedeutend eingeschränkt, also sein Output bestimmt, durch dieses je andere,
hinzutretende Zweite System.
Diese Zweiten Systeme können im Gegensatz zum Ersten, dem der Tonalität, durchaus
abstrakt oder gar abstrus, durchaus rein-physikalisch, un-psychologisch oder gar
völlig willkürlich und inadäquat erscheinen, -- das alles kann nicht schaden, da das
Erste System ja weiterhin wirkt und Zweckmäßigkeit und Verständnis gewährleistet.
Das Zweite System tritt nicht oft sichtbar an die Oberfläche eines Werkes. Wenn,
dann kann es oft als Gehalt mißverstanden werden. Ja, wir vermuten, dass in vielen
Lied-Vertonungen der Text eigentlich nur für die Rolle eines Zweiten Systems benötigt
wurde.
Wichtige und gut kenntliche Beispiele für Zweite Systeme, allgemein wie speziell, sind ...
Extremes Beispiel für letzteres findet sich am Ende von des Verfassers op.1, wo eine Kadenz in h-moll ihre starke subdominante Färbung nicht zuletzt durch eine eingeschaltete Zwischendominante erhält, die gleichzeitig stark subdominante Scheinfunktion (c-moll) ist:
Diese aber ist nicht zuletzt GRIFFTECHNISCH motiviert: die mit ">" markierten Klänge sind nämlich, ganz querstehend zur Notation, linear verschobene unveränderte Griffe! Dieses "starre Versetzen" soll den Pianisten durchaus auch zu bestimmter Spielweise ("Betonkralle") und damit Klang- und damit Ausdrucks-Gehalt bewegen.
Typisch auch wie "vor-motivisches" Material wie triviale Tonleitern als
Strukturierungs-Kerne eingesetzt werden, z.B. bei Bach in der
cis-moll-Fuge Wc I BWV 849 Takt 26 und Kunst der Fuge, BWV 1080, Cp IV,
Takt 57 und 58.
Dieses Grundmaterial in Skalenstellung kann als vor-, ja sogar als anti-musikalisch
bezeichnet werden, da es aus reiner Physik entsteht, ohne gestalterisches
Gegenhalten. Man beachte, dass die volle Achttönigkeit an allen Stellen zwar als
Endpunkt einer Entwicklung gehört werden kann, aber dennoch meist quer zu den Stimmen
in "durchbrochener Technik" realisiert ist.
(Im D-Dur Präludium BWV 925 Takt 13 die Abwärtsskala in ähnlicher Rolle, aber
noch direkter, da undurchbrochen.)
Die Konstruktionen der Akkord-Schicht im ersten Maggiore-Teil des ersten Satzes der Dritten Sinfonie von Gustav Mahler, ab Takt 140, ist mit dem "Ersten System", also der Funktionalharmonik, auch nicht mehr zu erklären, sondern folgt einer Logik von sich überlagernden horizontalen und vertikalen Mustern, wie ausführlich dargestellt in unserer Monographie.
In vielen Fällen kann man konkret nachweisen, dass die als Zweites System dienenden
Aspekte und Gegebenheiten (a) bewußt "kompositorisch behandelt" werden, also mit
kompositorischen Mitteln wie Material-Disposition und Motiv-Definition, Konflikt und
Gegensatz, entwickelnder Variation und Reprisenform, obwohl es sich "nur um
Äußerlichkeiten" zu handeln scheint.
Und dass (b) der Komponist dankbar für alle Einschränkungen und
Vor-Entscheidungen ist, die aus diesen Äußerlichkeiten nicht nur IN die Struktur des
zu schaffenden Werkes zusätzlich einfließen, sondern diese oft sogar erst mit
hervorbringen.
^inh 2015081401 | phaenomen |
1
Symmetrieen im Allgemeinen
2
Die Symmetrie der Klaviatur
2.1
Grunddefinition einer Klaviatur
2.2
Mögliche Muster schwarzer Tasten
2.3
Anhang: Die möglichen Klaviaturen bis zur Periodenlänge sieben
2.4
Die Standard-Klaviatur
3
(Prae-)Kompositorische Konstruktion von Tasten- und Tonhöhen-Mengen.
Klang-, Griff- und Klaviersymmetrie
4
Vertikale Symmetrie in der Notation
4.1
Grundlagen der Notation von Tonhöhen
4.2
Notenkopfsymmetrie: Symmetrieen von Notenköpfen ohne Versetzungszeichen
4.3
Geradzahlige N-Symmetrie
4.4
Notationsgraphische Symmetrieen mit Versetzungszeichen
4.5
Systemsymmetrie: Symmetrieen von Notenköpfen im Liniensystem
5
Symmetrieen von Tonleitern
6
Literatur
Symmetrieen bilden in allen Künsten, egal welch Medium, Stil oder Epoche, ein wichtiges Kriterium der Gestaltung, sei es als anzustrebendes Ideal, als zu vermeidende Langweiligkeit oder als Gegenstand vermittelnder Dialektik, wie in der "Schiefsymmetrie".
Im Falle der Musik gibt es drei Bereiche von Symmetrieen, die sehr eng verwandt sind
aber dennoch nicht völlig deckungsgleich, was interessante Interferenzen
hervorruft. Es sind dies die Symmetrieen (a) der Klaviertasten, (b) der erklingenden
Intervalle und (c) der Notation.
(Selbstverständlich gibt es manch weitere, wie (d) die Stellungen von Themen und
Materialien in formalen Dispositionen, (e) die Form der Griffe auf Streich- und
Zupf-Saiten, (f) die Positionierung von Instrumenten im Aufführungsraum, etc., die
ebenfalls für die Gestaltung fruchtbar werden können.)
Nennen wir im folgenden "Symmetrie mit materieller Symmetrieachse" (auch kurz
"materielle Symmetrie") einer Kollektion von Elementen eine solche, wo die
Symmetrieachse auf ein(1) mögliches Element der Kollektion fällt. Nur die
rechten und linken Nachbarn dieses Achsen-Elementes werden durch die Symmetrie auf
einander bezogen; es selbst ist gleichsam sein eigenes Gegenstück.
Dem gegenüber sei "Symmetrie mit virtueller Symmetrieachse" (kurz "virtuelle
Symmetrie") eine solche, wo die Achse immer zwischen zwei(2) Elemente der
Kollektion fällt, und ausnahmslos alle Elemente durch die Symmetrie ein Gegenstück
haben.
Wir werden im folgenden für Klaviatur, Klang und Notation Begriffe von Symmetrie definieren (u.U. auch mehrere je Bereich) und diese in Beziehung setzen.
Klaviatur und Notation (Tasten und Noten) können durchaus direkt in Beziehung
gesetzt werden; es kann aber auch der Klang als Vermittelndes verwendet werden.
Klang wird in diesem Aufsatz nicht "als solcher" behandelt. Insbesondere sei
dahingestellt, wann oder ob überhaupt "klangliche Symmetrieen" sinnvoll und
wirkmächtig sind, im Sinne eines rezeptionspsychologischen Modelles von "Harmonik".
Die Behandlung dieser Frage ist durchaus stil- und epochenabhängig, ja ideologisch
kontrovers. Es geht hier allein um eine vorbereitende Untersuchung der mathematischen
Gegebenheiten, mit dem Schwerpunkt auf Klaviatur und Notation.
Die Klaviatur ist eine lineare Anordnung von Tasten an einem Musikinstrument, wobei die Betätigung jeder Taste einen Klang mit einer bestimmten Tonhöhe hervorbringen soll. Für fast alle heutzutage existierenden Klaviaturen gilt:
Im Falle der musikalischen gleichschwebend gestimmten Standard-Klaviatur gilt weiterhin:
Es gibt vielfältige Varianten, die in einzelnen Punkten von der Standard-Klaviatur abweichen, jedoch bilden diese eine verschwindende Minderheit für spezielle Zwecke und sind im folgenden nicht gemeint. 1
Die Klaviatur, sich entwickelnd seit dem 14ten Jh., hat sich besonders in der Epoche des Generalbasses zu einem Standard-Medium entwickelt für die abstrakte Darstellung besonders harmonischer, aber auch stimmführungstechnischer Gegebenheiten. Die verschiedenen mit ihr ausgestatteten Klangerzeuger haben dabei langsam die Laute und ähnliche mehrstimmige Saiteninstrumente abgelöst. Das Klavier ist seit dreihundert Jahren das "generelle Rechenbrett" des Musikers.
Die Überlegungen dieses Abschnittes sind von der Musik völlig losgelöst und könnten als Voruntersuchungen dienen für die Konstruktion ganz andersartiger Klaviaturen zu ganz anderen Zwecken, z.B. als Eingabegeräte für Fernschreiber, wie am Anfang des 20. Jahrhunderts tatsächlich ausprobiert.
In obiger Definition sind sowohl die Periodenlänge als auch Anzahl und Anordnung der
schwarzen Tasten, das Tastenmuster, offen gelassen. Zwischen je zwei weißen Tasten
liegt immer eine mögliche Lücke für eine schwarze Taste. In einem gegebenen
Tastenmuster liegt dort immer eine schwarze Taste oder eine
Fehlstelle.
Bei einer Periodenlänge n ist die Anzahl der möglichen Muster selbstverständlich viel
geringer als die 2^n der reinen Kombinatorik, da ja viele Muster durch zyklische
Wiederholung und Verschiebung zusammenfallen. Ihre genaue Zahl zu ermitteln ist
allerdings recht aufwendig.
Welche Tastenmuster sind möglich und was sind deren Symmetrieeigenschaften?
Zunächst einmal ist vorwegzuschicken, dass bei der Frage nach den Symmetrieachsen
(Plural!) die äußeren Begrenzungen der Klaviatur unberücksichtigt bleiben (sonst
könnte es ja maximal eine einzige geben !-)
Da jedes Tastenmuster sich periodisch wiederholt, stellen wir uns für alle folgenden
Überlegungen die Tastatur nach beiden Seiten beliebig verlängerbar vor.
Andererseits ist damit jede Symmetrieachse beliebig oft vorhanden, nämlich in jeder
Periode erneut. Auch dies lassen wir im folgenden außer acht und suchen nach den
Symmetrieachsen "modulo Periode".
(Dies ist analog zu der für viele musikalischen Fragestellungen jenseits der
Klaviatur sinnvolle Betrachtung "modulo Oktave".)
Unter diesen Voraussetzungen gilt als erstes der Satz
(SymmArt):
Jede mögliche Symmetrieachse eines jeden (unendlich fortgesetzten) Tastenmusters
spiegelt weiße Tasten auf weiße Tasten, Fehlstellen auf Fehlstellen und
schwarze Tasten auf schwarze Tasten.
Eine solche Symmetrieachse
fällt entweder auf eine weiße Taste, und bildet u.a. die beiden benachbarten
Lücken (schwarzen Tasten oder Fehlstellen) auf einander ab. Sie ist dann
also eine materielle Symmetrieachse.
Oder aber sie fällt auf die Lücke zwischen zwei weißen Tasten, bildet diese beiden
auf einander ab, und ist materielle Symmetrie, wenn dort eine schwarze Taste, oder
virtuelle, wenn dort eine Fehlstelle liegt.
(Die "Ritzen" zwischen einer weißen und einer schwarzen Taste können nie virtuelle
Symmetrieachse sein, da sie eine schwarze auf eine weiße abbilden würden !-)
Ausserdem gilt
(SymmGerade):
Jedes mögliche Tastenmuster hat immer eine gerade Anzahl von Symmetrieachsen.
Dies zeigt sich dadurch, dass man die weißen Tasten (mit den eingestreuten schwarzen
Tasten und Fehlstellen) wegen der Periodizität im Kreis anordnen und als zyklische
Struktur auffassen kann. Hier Bilder für die Periodenlängen n=6 und n=7:
|
Abbildung 1: Symmetrieachsen auf Klavieren durchschneiden die zyklische Anordnung |
Die sich in der linearen Abwicklung (=in der Folge der Tasten) zeigenden zwei Symmetrieachsen sind in Wahrheit nur die beiden verschiedenen Enden der einen Achse, die den Zyklus durchschneidet. In der linearen Darstellung haben diese den Abstand n/2.
Im Falle jeder ungeraden Periodenlänge entspricht deshalb jeder materiellen
weißen Taste als Symmetrieachse die in der Grahik genau gegenüberliegende schwarze
Taste als eine zweite materielle Symmetrieachse, oder die genau gegenüberliegende
Fehlstelle als eine zweite virtuelle.
Im Falle von gerader Periodenlänge liegen entweder beide Achsen auf weißen
Tasten und sind materiell, oder beide auf Lücken und sind dann entweder beide
materiell (schwarze Tasten) oder virtuell (Fehlstellen) oder gemischt, welche Fälle
in Kürze genauer benannt werden werden.
So erklärt sich der Wortgebrauch "gegenüberliegende Symmetrieachse", der exakt das
gleiche bedeutet wie "eine halbe Periode entfernt", und zwar nur bezogen auf die
Tasten-Namen, die Periodenangabe als Modulo ignorierend.
(Im Falle der Standard-Musik-Klaviatur: "eine halbe Oktave entfernt".)
((
Man kann Satz (SymmGerade) auch anders begründen:
In der Geometrie entspricht ja eine Verschiebung um eine Strecke der Länge a genau
der Hintereinander-Ausführung von zwei Spiegelungen an zwei parallelen Achsen im
Abstand von a/2. Bildet also die erste Spiegelung das Tastenmuster symmetrisch auf
sich selber ab, und dasselbe tut eine Verschiebung um die Periode n, dann muss es
auch eine zweite Spiegelung geben, die verkettet mit der ersten diese Verschiebung
ergibt, und auch diese muss das Muster auf sich selbst abbilden. Beide Achsen haben
den Abstand n/2.
Eine dritte Art der Begründung:
Die erste gefundene Symmetrieachse bildet die darunterliegende Halb-Periode auf die
darüberliegende Halb-Periode ab. Sei deren oberes Ende "x". Oberhalb von x folgt
aber wieder (wegen der identischen Verschiebung um eine Oktave) eine Wiederholung des
Musters der unteren Halb-Periode. Also liegt ist auch x eine Spiegelachse, die
gesuchte zweite, denn untere und obere Halb-Periode sind auch in der anderen
Reihenfolge ihre gegenseitige Spiegelung.
))
Weiterhin gilt sogar viel schärfer
(SymmZwei):
Ein Tastenmuster hat keine oder genau zwei
Symmetrieachsen.
Sei n die behauptete Periodenlänge. Hat es mehr als zwei Symmetrieachsen in einem
Bereich der Länge n, so liegen mindestens zwei davon in einem Abstand < n/2. Damit
ist aber auch die Verkettung der Spiegelungen an diesen Achsen eine Verschiebung, die
das Muster auf sich selbst abbildet. Es liegt dann also gar kein Tastenmuster der
Periode n vor, sondern eines mit der kleineren Periode!
Systematisieren wir die möglichen Tastenmuster, indem wir die Lücken zwischen den weißen
Tasten als "mögliche Positionen von schwarzen Tasten" betrachten und entweder
selektieren oder nicht. Die selektierten Lücken können dann
realisiert werden als schwarze Tasten, alle nicht-selektierten sind
Fehlstellen. Oder genau umgekehrt, alle selektierten Lücken sind Fehlstellen und
alle nicht-selektierten sind schwarze Tasten.
Durch dieses Vorgehen halbiert sich schonmal die Anzahl der zu betrachtenden Muster,
denn für die Suche nach den Symmetrieachsen ist die Art der Realisation der Selektion
(Fehlstelle oder schwarze Taste) ja unerheblich.
Wir entwickeln eine kanonische Darstellung für diese Selektionen,
die doppelte Zählungen verhindern soll, wie folgt:
Eine Tastenformel hat die Form [n=a+b...]. n ist die Periodenlänge; die
Summandenfolge danach beginnt mit der Länge der längsten zusammenhängenden Gruppe von
selektierten Lücken; dann folgt die Länge der auf der Klaviatur physikalisch daran
anstoßenden zusammenhängenden Gruppe von nicht-selektierten Lücken, darauf die Länge
der nächsten auf Klaviatur folgenden selektierten Gruppe, etc. (Die Richtung ist
dabei egal, so lange Symmetrieachsen tatsächlich gefunden werden !-)
Zwei solcher Gruppen heißen gleichartig, wenn sie beide selektierte oder
nicht-selektierte Lücken beinhalten, also alle Summanden an ungeradzahliger Position
entsprechen gleichartigen Gruppen, und die an geradzahligen.
Es gilt:
Alle Tastenmuster mit nur einer(1) Selektionsgruppe (nebst einer(1) Gruppe von Nicht-Selektierten) sind nun immer symmetrisch. Ihre Symmetrieeigenschaften ergeben sich direkt aus denen der Gruppen, siehe auch Abbildung 1:
Abbildung 2 zeigt dies in Form einer abkürzenden Tabelle.
|
|||||||||||||||||||||||||||||||||||
Abbildung 2: Tabelle der Symmetrieklassen der ersten Tastenmuster |
Tastenmuster mit mehr als einer(>1) Selektionsgruppe:
Aus voranstehenden Sätzen folgt, dass das kürzeste davon nur [5=2+1+1+1] sein kann.
Für alle solche Muster aus vier Zahlen gilt: solange zwei gleichartige Gruppen gleich lang sind, so stehen sie (in der zyklischen Betrachtung) symmetrisch um beide andersartigen. Folglich können sie, was das Finden der Symmetrieen angeht, wahlweise zu einer von diesen dazugerechnet werden.
Die Stellungen der Symmetrieachsen von [5=2+(1+1+1)]
sind also dieselben wie bei [5=2+3], also wie [5=3+2], also wie Fall (Symm-uu).
Ebenso ist [6=3+1+1+1] ähnlich wie [6=3+3] (Symm-gu)
und [7=4+1+1+1] ähnlich wie [7=4+3] (Symm-uu).
(Rotierte Darstellungen wie [1+4+1+1] können ohne Änderung der Symmetrieeigenschaften
in voranstehende überführt werden.)
Allerdings ist bei diesem Verfahren die Art der Symmetrieachsen u.U. eine
andere, da die Rolle der Zahlen sich ändert: der Fall (Symm-gu) [3+3] hat zwei Lücken
als Achsen, die eine ist selektiert, die andere nicht, deshalb hat er allemal immer
eine materielle Achse (=schwarze Taste) und eine virtuelle (=Fehlstelle), siehe
Tabelle in Abbildung 2.
Anders im Fall [6=3+1+1+1]. Ihn nennen wir (Symm-gu*), denn hier sind beide Achsen in
einer gleichartigen Gruppe, und es sind zwei schwarze Tasten oder
zwei Fehlstellen die möglichen Achsen. Diese Möglichkeit ist neu.
(Zur Illustration ergänze man in Abbildung 1, linkes Bild, eine schwarze Taste
am freien Achsenende, wie dort angedeutet.)
Für die anderen Symmetrie-Arten ändert sich an den möglichen Achsen-Arten nichts Grundlegendes, mindestens eine weiße Taste als materielle Symmetrieachse beteiligt ist und die evtl. eine Lücke eh' mit der Art der Selektions-Realisierung zwischen materiell und virtuell wechselt. Wir unterscheiden sie dennoch durch angehängten "*".
Die ersten Fälle, wo mehr als eine(>1) Gruppe größer als eins(>1) sein kann, sind [6=2+2+1+1] und [6=2+1+2+1].
Ab dann gilt: Wenn die Längen der gleichartigen Gruppen beide untereinander
verschieden sind, kann weder durch die einen noch durch die anderen eine
Symmetrieachse gehen. Dies sind die Fälle von völligem Fehlen von Symmetrie,
Fall (Non-Symm).
Der frühest mögliche ist
_______ | | [ 6 = 2 + 2 + 1 + 1 ] (Non-Symm) |_______| |
(Hingegen ist [6=2+1+2+1] Fall (Symm-gg*), kann also wie oben beschrieben durch Zusammenfassen wie [6=2+4] behandelt werden.)
Mit sieben haben wir die Periodenlänge der Standard-Musik-Klaviatur erreicht.
Die Fälle mit nur zwei Gruppen sind allesamt vom selben Symmetrietyp und also
solche recht uninteressant:
[7=6+1] (Symm-uu),
[7=5+2] (Symm-uu),
[7=4+3] (Symm-uu),
Hier sind wegen der größeren Grundmenge noch mehr Situationen
mit mehr als einer Gruppe von mehr als einer Lücke möglich:
[7=4+1+1+1] (Symm-uu*), wie bereits erwähnt.
[7=3+2+1+1] (Non-Symm),
[7=3+1+2+1] (Symm-uu*), dies ist die Standard-Klaviatur der Musik.
[7=3+1+1+2] = [7=2+3+1+1] (Non-Symm).
Im Gegensatz zum ersten (Non-Symm) [6=2+2+1+1] sind die beiden hier auftretenden
Fälle noch nicht einmal anti-symmetrisch, also das
Spiegelbild ihrer "gegenteiligen Realisierung". Hingegen sind sie gegenseitig
ihr Spiegelbild.
[7=2+2+2+1] ist wieder symmetrisch, (Symm-uu**), da analog zu obigem Verfahren in [7=1+2+2+2] = [7=1+(2+2+2)] = [7=1+6] überführbar.
[7=2+1+1+1+1+1] ist das erste mögliche Tastenmuster mit drei(=3) Selektionsgruppen, denn eine Gruppe mindestens muss ja größer als eins(>1) sein, damit die gesamte Periodenlänge überhaupt in Erscheinung tritt. Das Verfahren der Zusammenfassung der "symmetrischen Akkoladen" kann hier ebenfalls angewandt werden, und wir erhalten [7=2+1+1+1+1+1] = [7=2+1+(1+1+1)+1] = [7=2+(1+(1+1+1)+1)] = [7=2+5] = (Symm-uu***).
Ergebnisse bis zur Periodenlänge sieben:
Zur Illustration der entwickelten allgemeinen Eigenschaften hier Beispiele für je eine konkrete Realisierung jedes der bis zur Periodenlänge sieben möglichen Tastenmuster, unter Einzeichnung der Symmetrieverhältnisse, nebst eventuellen Anmerkungen zu interessanten Einzelfällen. Wir sortieren die Tastenformeln nach zunehmener Periodenlänge, zunehmender Anzahl von Gruppen und abnehmender Größe der ersten Gruppe.
[1=1] = [1=1+0] = [1=0+1] | | | | X X X X X X X X |___|___|___| : : : : : (Symm-uu) |
Realisieren wir die Selektion als schwarze Tasten, so bedeutet dies eine schwarze Taste zwischen allen weißen. Tatsächlich gibt es Vorschläge, die derartige Einheits-Tastaturen als Errungenschaft anzupreisen sich nicht entblöden. Wie man sich dort orientieren soll bleibt rätselhaft, siehe senza tempo 2010092600.
[2=1+1] | | | | X | X | | X | X | |___|___|___|___| : : : : (Symm-gu) [3=2+1] | | | | X X | X X | | X X | X X | |___|___|___|___|___|___| : : : : (Symm-uu) [4=3+1] | | | | X X X | X X X | | X X X | X X X | |___|___|___|___|___|___|___|___| : : : (Symm-gu) [4=2+2] | | | | X X | | X X | | | X X | | X X | | |___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : (Symm-gg) [5=4+1] | | | | X X X X | X X X X | X | X X X X | X X X X | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : (Symm-uu) [5=3+2] | | | | X X X | | X X X | | X | X X X | | X X X | | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : (Symm-uu) [5=2+1+1+1] | | | | X X | X | X X | X | X | X X | X | X X | X | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : (Symm-uu*) |
Dies ist die früheste Möglichkeit mit zwei Selektionsgruppen/vier Gruppen. Es ändert sich allerdings nichts Grundsätzliches im Vergleich zur Symmetrie-Art (Symm-uu), vgl. Beschreibung oben.
[6=5+1] | | | | X X X X X | X X X X X | X | X X X X X | X X X X X | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : (Symm-gu) [6=4+2] | | | | X X X X | | X X X X | | X | X X X X | | X X X X | | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : (Symm-gg) [6=3+3] | | | | X X X | | | X X X | | | X | X X X | | | X X X | | | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : (Symm-gu) [6=3+1+1+1] | | | | X X X | X | X X X | X | X | X X X | X | X X X | X | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : (Symm-gu*) |
Hier sind die mittlere der selektierten Lücken und die einzelnstehende selektierte Lücke Symmetrieachsen, -- beide materiell oder virtuell, je nach Realisierung der Selektion. Dies ist der früheste derartige Fall: zwei schwarze Tasten oder zwei Fehlstellen sind Symmetrieachsen.
[6=2+2+1+1] | | | | X X | | X | X X | | X | X | X X | | X | X X | | X | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : <--ANTI-Symmetrie (Non-Symm) |
Hier fehlt jede Symmetrie. Dies ist zum ersten Mal möglich. Jede selektierte Gruppe hat auf der einen Seite zwei(2), auf der anderen eine(1) nicht-selektierte Lücke, ist also unsymmetrisch umgeben. Für die nicht-selektierten Gruppen gilt dies entsprechend umgekehrt.
Eingezeichnet ist die allerdings vorhandene Anti-Symmetrie, die
selektierte auf nicht-selektierte Lücken abbildet (also
schwarze Tasten auf Fehlstellen), mit zwei weißen Tasten
als materiellen Achsen.
Daraus folgt weiterhin, dass die Realisierungen mit Selektion als schwarzer Taste
und Selektion als Fehlstelle ihre gegenseitigen Spiegelungen sind.
Die folgenden scheinbar möglichen Formeln bringen keine weiteren Tastenmuster hervor,
aus verschiedenen Gründen:
[6=2+1+2+1] ist sich periodisch, gleichlautend mit [3=2+1].
[6=2+1+1+2] ist nur eine Rotation von [6=2+2+1+1].
[6=1+1+1+1+1+1] ist in sich periodisch und gleichlautend mit [1=1+0].
[7=6+1] | | | | X X X X X X | X X X X X X | X | X X X X X X | X X X X X X | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : (Symm-uu) [7=5+2] | | | | X X X X X | | X X X X X | | X | X X X X X | | X X X X X | | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : (Symm-uu) [7=4+3] | | | | X X X X | | | X X X X | | | X | X X X X | | | X X X X | | | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : (Symm-uu) |
Diese Tastenmuster sind recht uninteressant. Nun sind aber, dank der gestiegenen Gesamtzahl von Tasten, mehrere sehr unterschiedliche Verteilungen auf zwei Selektionsgruppen/vier Gruppen möglich:
[7=4+1+1+1] | | | | X X X X | X | X X X X | X | X | X X X X | X | X X X X | X | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : (Symm-uu*) [7=3+2+1+1] | | | | X X X | | X | X X X | | X | X | X X X | | X | X X X | | X | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| (Non-Symm) [7=3+1+2+1] | | | | X X X | X X | X X X | X X | X | X X X | X X | X X X | X X | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : (Symm-uu*) [7=3+1+1+2] | | | | X X X | X | | X X X | X | | X | X X X | X | | X X X | X | | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| (Non-Symm) |
Die beiden (Non-Symm)-Fälle sind hier noch nicht einmal anti-symmetrisch, wie oben bei [6=2+2+1+1], wegen der unterschiedlichen Gruppenlänge. Die beiden möglichen Realisierungen des einen Tastenmusters sind aber das Spiegelbild je einer Realisierung des anderen.
Die Tastenformeln [7=3+1+2+1] beschreibt die Standard-Musik-Klaviatur, siehe Abschnitt 2.4.
[7=2+2+2+1] | | | | X X | | X X | X X | | X X | X | X X | | X X | X X | | X X | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : (Symm-uu**) [7=2+1+1+1+1+1] | | | | X X | X | X | X X | X | X | X | X X | X | X | X X | X | X | X |___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___|___| : : : : (Sym-uu***) |
Ohne uns zu kümmern, warum das so ist, stellen wir fest, dass die musikalische Standard-Klaviatur der Formel [7=3+1+2+1] entspricht und dabei die fünf selektierten Lücken als schwarze Tasten realisiert. Sie hat deshalb zwei materielle Symmetrieachsen: eine weiße Taste auf der Mitte zwischen den beiden Selektionen, und die schwarze Taste eine halbe Oktave entfernt. Sie besitzt keine virtuelle Symmetrieachse.
Diese weiße Taste heißt "d", die schwarze "gis" oder "as" oder "gis=as". Wir nennen die Taste "d" auch kurz weiße Symmetrieachse (der Standard-Klaviatur) und die Taste "gis=as" die schwarze Symmetrieachse.
Die Teilmenge der schwarzen Tasten ist folglich bezüglich der intervallischen
Abstände (also der Anzahl der jeweils dazwischenliegenden Tasten einschließlich der
weißen, die nicht zur Teilmenge gehören) ebenfalls symmetrisch mit der
materiellen Achse gis=as und der nun virtuellen (weil nicht mehr
dazugehörenden) Achse d.
Für die Intervalle zwischen den weißen Tasten gilt dies umgekehrt: materielle
Symmetrie um d und virtuelle um gis=as.
Soweit also die Symmetrie-Eigenschaften der Tastatur als solcher, bevor noch irgendwer irgendwas mit ihr anstellt. Jede Operation auf der Tastatur kann diese Gegebenheiten nun berücksichtigen, kann auf ihnen aufbauen, sie einschränken, etc.
Die meisten Kompositions-Techniken aller Stile können als in Phasen gegliedert
betrachtet werden, wovon eine frühe Phase die "Auswahl des zu verwendenden
Tonvorrates" ist. Dieser stellt sich dar als eine "Menge von Tonhöhen".
In der genuin musikalischen Terminologie heißen diese Mengen, abhängig von Stil und
Methode, "Skalen", "Tonleitern", "Tonarten", "Akkorde", "Felder", "Modi", etc.
((
In der Tat gibt es nur wenige Stile, die tatsächlich auf "Mengen von Tonhöhen" im
engsten Wortsinne beruhen. So spielen z.B. im ersten Satz der Sinfonie von
Anton Webern, oder häufig bei Olivier Messiaen derartige Tonmengen eine
Rolle, in der z.B. das "d" des einen Oktavregisters dazugehört, das "d" des
nächsthöheren aber nicht, etc.
In den meisten Stilen jedoch, und besonders der funktionalharmonischen Betrachtung
von Musik, abstrahiert man recht bald von der Oktavlage und geht von Tonhöhen auf
Tonklassen über. Diese sind definiert als die Mengen aller gleichnamiger
Tonhöhen in allen Oktavregistern, und werden durch eine beliebige davon
repräsentiert. Der Mathematiker redet auch von "modulo Oktave", also
"ungeachtet der Oktavlage".
Erwähnte "Auswahl des zu verwendenden Tonvorrates" stellt sich dann
dar als Menge von Tonklassen, nicht von Tonhöhen. Sie kann aber weiterhin durch
Tonhöhen notiert werden, die als Repräsentanten dienen.
Dieser Übergang wird in der folgenden Untersuchung zunächst nicht vollzogen; alle
Sätze gelten aber entsprechend, indem man mit Tonhöhen als Repräsentanten
von Tonklassen rechnet.
))
Beim hier vertretenen Konstruktionsansatz entsprechen sich, wie bereits dargestellt, Tonhöhen und Klaviertasten unmittelbar und eins-zu-eins ("bijektiv"). Auf ähnliche Weise kännen diese und Notenköpfe auf beschlüsselten Notenlinien identifiziert werden (wenn auch mit Einschränkungen, siehe spätere genauere Darstellung). Wir werden Klaviertasten, Tonhöhen und Notenköpfe deswegen in den meisten Zusammenhängen schlicht gleichsetzen und im folgenden verkürzend von "Mengen" reden, und die darin enthaltenen Elemente jeweils entsprechend dem Kontext interpretieren, als Taste, Tonhöhe oder Notenkopf.
Dementsprechend bedeutet Intervall nun den Abstand zwischen zwei derartigen Elementen. Dieser wird weiterhin gemesssen in Halbtonschritten. Ein Halbtonschritt entspricht, wie oben definiert, dem Übergang von einer Klaviertaste zu einer unmittelbar benachbarten; die Größe eines Intervalles in Halbtonschritten ist also der Abstand gemessen in Tasten. Das Intervall von zwei Halbtonschritten nennt man in diesem Zusammenhang auch Ganztonschritt, also z.B. der Abstand zwischen zwei weißen Tasten, zwischen denen eine schwarze liegt, oder der zwischen zwei schwarzen Tasten, zwischen denen genau eine weiße liegt.
Wir definieren eine Menge als klangsymmetrisch (K-Symmetrie), wenn die Folge
der Intervallgrößen (bei umgekehrter Intervallrichtung)
zwischen benachbarten enthaltenen Tonhöhen identisch ist, egal ob von
oben nach unten gelesen oder von oben nach unten.
(Wie erwähnt reden wir in dieser Untersuchung weder über "semantische" Systeme von
Intervallen und Harmonik jenseits des bloßen Tastenzählens, noch über die Frage der
Wirkung, Sinnfälligkeit etc. von symmetrischen Klängen, sondern nur über die
mathematische Propädeutik.)
Bei einer geraden Anzahl von Tönen gibt es eine ungerade Anzahl von Intervallen;
das mittlere wird mit sich selbst verglichen und ist also für die K-Symmetrie
unerheblich.
Wenn es eine gerade Anzahl von Halbtonschritten umfasst, dann ist die (im Klang
selbst nicht enthaltene) Tonhöhe in seiner Mitte die materielle Symmetrieachse; sonst
ist die Symmetrieachse eine virtuelle und liegt genau zwischen zwei Klaviertasten.
Bei einer ungeraden Anzahl von Tönen sind alle Intervalle für die Symmetrie relevant und der mittlere Ton ist materielle Symmetrieachse.
Eine Menge von Tasten, die "in sich" symmetrisch ist, nennen wir
griffsymmetrisch (G-Symmetrie).
Genauere Definition:
Befragt man der Reihe nach die Tasten in ihrer physikalischen Reihenfolge auf dem
Klavier jeweils (a) nach ihrer Farbe und (b) ob sie in der Menge enthalten ist oder
nicht, so erhält man genau bei Vorliegen von G-Symmetrie dieselben Folgen von
Antworten, egal ob man von der linkesten in der Menge enthaltenen bis zur rechtesten
geht oder umgekehrt.
Ein Menge von Tasten, die symmetrisch ist zu einer Symmetrieachse der
Klaviatur nennen wir klaviersymmetrisch (C-Symmetrie).
Wenn man bei der Konstruktion der Menge zunächst eine der Symmetrieachsen der
Klaviatur festlegt, und mit jedem ausgewählter Tonhöhe/Taste das entsprechende
Spiegelbildes an dieser Achse ebenfalls auswählt, dann erhält man eine
klaviersymmetrische Menge.
Nennen wir Transposition einer Menge k um eine Zahl n die Menge die entsteht, wenn jede Taste/Tonhöhe der Ausgangsmenge ersetzt wird durch diejenige, welche n Tasten/Halbtonschritte "weiter rechts" auf der Klaviatur liegt, wenn n positiv ist, oder "minus-n" weiter links bei negativem n.
Dann gilt laut Definition der triviale Satz
(KT0):
Die Klangsymmetrie-Eigenschaft einer Menge sind dieselben wie die
aller ihrer Transpositionen. ("K-Symmetrie ist transpositionsinvariant.")
Zwischen Klang-, Griff- und Klaviersymmetrie gelten nun allerdings kompliziertere Beziehungen. Zunächst stehen diese in zwei echten Inklusionsbeziehungen:
(CG1):
Jede klaviersymmetrische Menge ist griffsymmetrisch.
(Begründung: ist so offensichtlich, dass uns nur eine sehr komplizierte Begründung
einfiele!-)
(CG2):
Nicht jede griffsymmetrische Menge ist klaviersymmetrisch.
Beispiel: Die Menge f+g.
(KG3):
Jede griffsymmetrische Menge ist klangsymmetrisch.
Begründung:
Bei G-Symmetrie wird bei der Frage der Zugehörigkeit zur Menge von links nach rechts
zwischen zwei "ja" genauso oft "nein" gesagt wie von rechts nach links. Also sind die
Abstände=Intervalle gleich groß, also liegt K-Symmetrie vor.
(KG4):
Nicht jede klangsymmetrische Menge ist griffsymmetrisch.
Beispiel: Die Menge es+f.
(CT5):
Die Transposition einer klaviersymmetrischen Menge um n Tasten ist genau dann wieder
klaviersymmetrisch, wenn n Vielfaches von 6 ist.
Begründung:
(a) Jede Transposition um +12 oder -12 oder beliebige Vielfache (ungleich null)
ist eine Verschiebung um sieben weiße Tasten, also auf genau die
gleichen Tastenpositionen in einer anderen Periode.
(b) Jede Transposition um 6 bildet die eine Symmetrieachse s1 der Klaviatur auf die
andere s2 ab, und jede Taste in einem Abstand von s1 in eine solche mit selbem
Abstand von s2. Also ist das Ergebnis symmetrisch um s2, genau dann
wenn die Ausgangsmenge symmetrisch um s1 war.
(c) Wäre das Ergebnis einer Transposition um n, mit n nicht Vielfaches von 6,
ebenfalls klaviersymmetrisch, dann gäbe es laut Definition eine Symmetrieachse der
Klaviatur zusätzlich zu den beiden im Abstand 6, was ein Widerspruch ist.
(GTK):
Jede Transposition einer griffsymmetrischen Menge ist klangsymmetrisch.
Dies folgt aus
(KG3)und (KT0).
(KTG6):
Gibt es für eine nicht-griffsymmetrische Menge gn eine Transposition in eine
griffsymmetrische gs, dann ist gn klangsymmetrisch.
Begründung:
Laut (KG3) ist gs klangsymmetrisch, und laut
(KT0) auch jede Transposition davon,
also auch gn.
(KC7):
Ist eine nicht-klaviersymmetrische Menge gn klangsymmetrisch mit materieller
Achse, dann gibt es von gn Transpositionen in zwei verschiedene klaviersymmetrische
Mengen (modulo Oktave).
Begründung:
Die materielle Symmetrieachse ist eine Taste, und es kann immer eine Transposition
konstruiert werden, die diese auf eine Taste "d" oder "gis=as" abbildet.
(KC8):
Ist eine nicht-klaviersymmetrische Menge gn klangsymmetrisch mit
virtueller Achse, dann gibt es keine Transpositionen in klaviersymmetrische
Mengen.
Begründung:
Das Symmetriezentrum ist hier eine "Ritze" zwischen zwei Tasten, und es gibt keine
solche, zu der die Tastatur symmetrisch ist. Da Transpositionen immer nur Tasten auf
Tasten und Ritzen auf Ritzen abbilden, kann es keine Transposition in eine
klaviersymmetrische Menge geben.
Beispiel:
c+d+es+f ist zwar klangsymmetrisch, kann aber nie griffsymmetrisch dargestellt werden.
Aus beiden zusammenfassend folgt
(KG9):
Es gibt für jede klangsymmetrische Menge kn eine Transposition in mindestens zwei
(/gar keine) griffsymmetrische (modulo Oktave), genau dann wenn ihre Symmetrieachse
materiell (/virtuelle) ist.
(GC10):
Wenn eine zweielementige Menge kleiner als eine Oktave G-symmetrisch ist,
und ihre Oktavumkehr ist es ebenfalls, dann ist sie C-symmetrisch.
Begründung:
Seien die Menge M={x,y} mit x<y. Oktavumkehr sind dann die Mengen U={(y-Oktave),x}
und O={y,(x+Oktave)}. U und O sind identisch modulo Oktave. Sind alle drei
griffsymmetrisch, so ist auch die Aneinanderreihung G=U+M+O griffsymmetrisch, hat
also von oben nach unten dieselbe Abfolge von Tastenfarben wie von unten nach
oben. Da die Länge von G größer als eine Oktave ist, liegt sie also
klaviersymmetrisch, also auch M.
Für die konventionelle europäische Notation von Musik gilt, dass Tonhöhen durch die
vertikale Position
des Notenkopfes in einem System von Notenlinien dargestellt werden (="Systemposition").
Ein Notenkopf kann dabei "auf einer Linie" plaziert werden, oder
"in einem Zwischenraum".
Dies ist zutiefst bezogen auf die oben besprochene Klaviatur, da zunächst jede dieser
Systempositionen genau einer bestimmten weißen Taste entspricht. Welche Linie
welcher Taste entspricht wird angezeigt durch die verschiedenen Schlüssel zu
Beginn des Notensystems. Diese zeigen graphisch die Linie des Tones g-eins, c-eins
oder klein-f an. Ein bestimmter Notenschlüssel auf einer bestimmten Linie
heißt Schlüsselung.
Soll eine schwarze Taste notiert werden, so muss durch ein Versetzungszeichen
die Bedeutung der Systemposition umdefiniert werden.
Wir können hier (ohne uns um die musiktheoretischen/algebraischen/historischen
Hintergründe zu kümmern) die Notation zunächst "rein pragmatisch" interpretieren, als
eine Art Griff-Schrift: ein Kreuz-Versetzungszeichen bedeutet die schwarze
Taste rechts von der weißen statt dieser, ein Be-Versetzungszeichen die
links.
(Diese vereinfachte Regel gilt nur, wenn diese schwarze Taste auf der Klaviatur auch
vorhanden ist, siehe unten Abschnitt 4.4.)
Es entsprechen also sowohl die Linien als auch die Zwischenräume einer weißen Taste:
"unten nach oben" in der Notation entspricht "links nach rechts" auf der Klaviatur.
Das Intervall zwischen den Tönen zweier weißer Tasten ist (wie bereits diskutiert)
ein Halbtonschritt, wenn zwischen diesen eine Fehlstelle liegt, oder zwei
Halbtonschritte wenn eine schwarze Taste.
Genau dieser Unterschied findet sich in der Notation nicht. Dies führt wieder
zu interessanten Inkongruenzen und Interferenzen zwischen dem System der Klaviatur,
der Notation und dem Klang.
Ein erster Begriff von Symmetrie in der Notation sind Konstellationen von Notenköpfen an beliebiger Stelle des Notensystems, die in sich "rein graphisch" symmetrisch sind. Wir nennen diese Eigenschaft Notenkopfsymmetrie, kurz N-Symmetrie. Da die Notenköpfe zunächst ohne Versetzungszeichen stehen, bedeuten sie allemal weiße Tasten.
Abbildung 3 zeigt die Konstruktionen der beiden verschiedenen grundlegenden Arten
von symmetrischen Mengen von Notenköpfen: Jede einzelne der in Zeilen Xp und Xu als
Akkord notierten Mengen, im folgenden Teilakkorde genannt, ist trivialerweise
sowohl notenkopf- als auch klangsymmetrisch. Aber auch beliebige Vereinigungen von
beliebig vielen Teilakkorden aus derselben Zeile sind immer N-symmetrisch, da sie
dieselbe (graphische) Symmetrieachse haben. Diese Vereinigungen erzeugen (zusammen
mit einer nachgeschalteten beliebigen vertikale Verschiebung der ganzen
Konstellation) sämtliche möglichen N-symmetrischen Mengen, da jede solche ja
als Vereinigung von Paaren bezgl. der Symmetrieachse zerlegt werden kann.
Zeile Xu generiert so die Mengen mit einer (potentiell oder real) ungeraden Anzahl von
Elemente, die Zeile Xp die mit den geraden.
Nimmt man weiße Tasten als Grundmenge, dann haben alle Mengen aus Zeile Xu materielle N-Symmetrie: die erste einzelne Note ist die Symmetrieachse, sei sie in der Auswahl enthalten oder nicht. Alle aus Zeile Xp haben virtuelle N-Symmetrie, die Achse liegt genau zwischen den ersten beiden Noten. Trennt diese ein Halbtonschritt, liegt also zwischen ihnen eine Fehlstelle, so liegt die Symmetrieachse auf einem Viertelton, der auf der Klaviatur nicht vorhanden ist; sonst auf der schwarzen Taste zwischen den zwei weißen. Betrachtet man alle Tasten des Klavieres, weiße wie schwarze, als Grundmenge, so sind die Symmetrieachsen der ersten Art folglich virtuell, die anderen materiell.
Wenn die Folgen der Teilakkorden nach rechts hin, über die Oktave hinaus, systematisch verlängert werden, so ergeben sich keine neuen Symmetrieverhältnisse, da durch Oktavversetzung beider Töne in Richtung Mitte jeder neue Teilakkord auf einen der aufgeführten abgebildet werden kann, ohne dass sich K- und C-Symmetrie ändern. (Die G-Symmetrie besteht jenseits der Oktave eh nur in der einen Reihe, in der alle Teilakkorde G-symmetrisch sind, s.u.)
Wie verhält sich nun die N- gegen die K-, G- und C-Symmetrie?
Sobald ein Schlüssel davorgesetzt wird ergeben sich diese durch Übergang von den
Notenköpfen auf die gemeinten Tonhöhen/Tasten. Im Gegensatz zur N-Symmetrie bestimmen
sich die anderen durch die Lage der schwarzen Tasten/Fehlstellen zwischen den (durch
die Notenkopf-Systempositionen bezeichneten) weißen Tasten. Jede mögliche Verteilung
von Ganz- und Halbtonschritten (=von schwarzen Tasten und Fehlstellen) auf eine
gegebene Folge von weißen Tasten heiße Schrittfolge.
Die Zeilen U0 bis P3 in Abbildung 1 zeigen alle möglichen Schlüsselungen, aufgeteilt nach den jeweils vier(4) möglichen unterschiedlichen Schrittfolgen. Sie zeigen zu Beginn die Lage der schwarzen Tasten als kleine Balken (eigentlich Pausensymbole!-), je nach Schlüssel. 2
Bevor wir auf diese eizelnen Instantiierungen übergehen, fragen wir, welche Aussagen a priori möglich sind?
Dafür sind folgende Hilfssätze nützlich, die Eigenschaften der konkreten Gestalt der musikalischen Standard-Klaviatur explizit machen:
|
Abbildung 3: Notenkopfsymmetrieen: Konstruktion und Verhältnis zu K/G/C-Symmetrie |
(ST-Maximal):
Die maximale Länge der aufeinanderfolgenden Ganztonschritte /
schwarzen Tasten ist drei(3).
Dies ist gleichbedeutend mit: Der maximale Abstand zwischen zwei Fehlstellen ist vier(4).
(ST-Minimal):
Die minimale Länge der aufeinanderfolgenden Ganztonschritte /
schwarzen Tasten ist zwei(2).
Dies ist gleichbedeutend mit: Der minimale Abstand zwischen zwei Fehlstellen ist drei(3),
(Fehl-Maximal):
Die maximale Länge der aufeinanderfolgenden Halbtonschritte /
Fehlstellen ist eins(1).
Aus den letzten beiden Sätzen folgt
(Fehl-ST'):
Jede Fehlstelle ist auf jeder Seite von mindestens zwei(2) schwarzen Tasten eingerahmt.
Genauer folgt aus der Gestalt der musikalischen Standard-Klaviatur
(Fehl-ST):
Jede Fehlstelle ist auf einer Seite von zwei(2) und auf der anderen von drei(3)
schwarzen Tasten eingerahmt.
Versucht man zwei Schrittfolgen zu konstruieren, die möglichst große Differenz aufweisen, so wird man zunächst möglichst viele Ganztonschritte gegen möglichst viele Halbtonschritte stellen. Dies beginne mit
_ _ _ | | | | | | \/ |
Aus (ST-Maximal) und (Fehl-ST) für die obere Zeile, und (Fehl-ST') und (Fehl-ST) für die untere folgt sofort
_ _ _ _ _ | | | | | | /\ | | | | \/ |_| |_| \/ |_| |_| |_| |
Die (Fehl-ST)
verlangt einen weiteren Halbtonschritt in der Oberstimme, und damit ist die
Oktavperiode geschlossen. Offensichtlich gilt:
(MaxDiff):
Die Differenz an schwarzen Tasten in zwei beliebigen gleichlangen Schrittfolgen ist
maximal eins(1). Mit anderen Worten: der Unterschied der Anzahl aller Tasten
(schwarzer wie weißer) in beliebigen gleichlangen
zusammenhängenden Folgen gleich vieler weißer Tasten der Klaviatur
ist maximal ein Halbtonschritt gegen einen Ganztonschritt.
Verscht man umgekehrt, die zunächst zurückliegende Folge die andere "überholen" zu lassen, also auf einen initialen Halbtonschritt möglichst viele Ganztonschritte folgen zu lassen, so beginnt man mit
_ | | /\ \/ |_| |_| |_| |
Wegen (Fehl-ST') oben und (ST-Maximal) unten ist die optimale Fortsetzung
_ _ _ | | /\ | | | | /\ \/ |_| |_| |_| \/ |
Wegen (Fehl-ST') oben und unten ist die optimale Fortsetzung
_ _ _ _ _ | | /\ | | | | /\ | | | | \/ |_| |_| |_| \/ |_| |_| |
Wiederum ist die Oktave geschlossen. Es gilt also
(MinDiff):
Verlängert man zwei Schrittfolgen um die gleiche Zahl weißer Tasten, so ist es immer
dieselbe, die bei gleicher Anzahl weißer die höhere Anzahl schwarzer Tasten
überschritten hat. Mit anderen Worten: Die einmal zurückliegende Schrittfolge kann
die andere nie mehr "überholen".
Aus (MinDiff), (MaxDiff) und (Sk5) folgt, dass in jeder Zeile von Abbildung 3 die Teilakkorde in maximal zwei(2) Klassen zerfallen, genannt m/v-Klassen, deren Mitglieder zwei verschiedene Symmetrieachsen bezgl. ihrer K-Symmetrie haben, die einen Viertelton (einen halben Halbtonschritt) auseinanderliegen.
Die Klasse von Teilakkorden mit einer Taste als materieller Achse der Klang-Symmetrie heißt m-Klasse, die andere mit einem Viertelton als virtueller Symmetrieachse der Klang-Symmetrie heißt v-Klasse. (Achse der rein graphisch definierten N-Symmetrie ist hingegen, wie gesagt, in Zeilen Xu und ihren beschlüsselten Varianten für alle Teilakkorde gleichbleibend die weiße Taste an Position 0. In Zeilen Xp etc. ist es immer die Lücke [= Fehlstelle oder schwarze Taste] zwischen den beiden weißen Tasten in Teilakkord 0.)
Diese Klassen sind in den beschlüsselten Zeilen der Abbildung durch unterschiedliche Kopfformen notiert. Zwei benachbarte Teilakkorde liegen genau dann in verschiedenen m/v-Klassen, wenn zwischen ihnen ein Schiefschritt geschieht. Im Diagramm sind die Ziele der Halbtonschritte für den jeweils ersten Schlüssel mit schwarzem Notenkopf markiert. (Der zweite Schlüssel bezeichnet die an der Symmetrieachse der Klaviatur gespiegelten Teilakkorde mit derselben Schrittfolge; für diese ist jeweils der dem schwarzen Kopf gegenüberliegende Notenkopf das Ziel des Halbtonschrittes.)
(Symm-NK):
Die Vereinigung von Teilakkorden einer beschlüsselten Zeile von Abbildung 3 (also
jede notationssymmetrische Konstellation) ist genau dann auch klangsymmetrisch, wenn
alle derselben m/v-Klasse angehören.
Da alle Teilakkorden in U0 und P0 derselben Klasse angehören, folgt
(Symm-NK-x):
Es gibt für jede N-symmetrische Konstellation von Notenköpfen mindestens eine
Schlüsselung, die zur K-Symmetrie führt. Allemal tut dies die Interpretation gemäß U0
oder P0. (Diese führt darüberhinaus zur C-Symmetrie, s.u.)
(Symm-NG):
Die Vereinigung von Teilakkorden einer Zeile ist genau dann auch griffsymmetrisch,
wenn alle links vom linkesten Teilakkord aus der v-Klasse stehen.
Begründung: So lange von links aus nur m-Klassen-Teilakkorde angetroffen werden,
gemau so lange haben von der (laut (Sk6))
griffsymmetrischen Ausgangssituation des Teilakkordes an Position 0
beide Stimmen nur gleichartige Schritte gemacht, was der
Definition der G-Symmetrie entspricht.
Beim Überqueren des ersten Schiefschrittes wird die Gleichheit der Folge der Farben
der Taste gestört, die ja für die G-Symmetrie, darin schärfer als die K-Symmetrie,
notwendig ist. (Dies fordert die G-Symmetrie ja auch für Tasten, die nicht zur Menge
gehören und für Schritt-Unterschiede, die sich für die K-Symmetrie letztlich
ausgleichen.)
Daraus folgt unmittelbar, dass (1) alle Vereinigungen von Teilakkorde der Zeile U0
griffsymmetrisch sind, und auch alle Erweiterungen über die Oktave hinaus, da ja
nirgendwo v-Klassen-Teilmengen vorliegen, und (2) dass in keiner anderen Zeile über
die Oktave hinaus G-Symmetrie vorliegen kann, da dort ja mindestens eine
v-Klasse-Menge erreicht worden sein muss.
p
Weiterhin gilt:
(Symm-wT-mKC):
Jede Menge von weißen Taste mit K-Symmetrie und materieller Symmetrieachse ist genau
dann auch klaviersymmetrisch, wenn diese Achse auf den Ton/die Taste "d" fällt.
(Symm-wT-vKC):
Jede Menge von weißen Taste mit K-Symmetrie und virtueller Symmetrieachse ist genau
dann auch klaviersymmetrisch, wenn diese Achse auf den Ton/die Taste "gis=as" fällt.
Daraus folgt:
(NC0):
Jede N-symmetrische Konstellation von Notenköpfen ist in maximal einer
Interpretation=Schlüsselung auch C-symmetrisch.
(NC1):
Eine K-symmetrische Menge ist auch C-symmetrisch, genau dann, wenn alle
N-symmetrischen Erweiterungen (durch Paare weißer Tasten) auch K-symmetrisch sind.
Begründung:
(=>) Wenn eine Menge C-symmetrisch ist, dann ist ihre Symmetrieachse gleich der
Symmetrieachse der Klaviatur. Alle N-symmetrischen Erweiterungen gehen gleich viele
weiße Tasten nach rechts und nach links, und zwischen denen liegen auch gleich viel
schwarze Tasten, wegen der C-Symmetrie. Also sind die Intervalle gleich groß und es
herrscht K-Symmetrie.
(<=) Wenn alle N-symmetrischen Erweiterungen immer K-symmetrisch sind, dann gilt das
auch für schrittweises Nach-außen-Wandern, jeweils eine weiße Taste. Wenn dabei die
Intervalle in beide Richtungen immer gleich sind, dann liegt entweder auf beiden
Seiten oder auf keiner jeweils eine schwarze Taste. Das Tastenmuster ist also in
beide Richtungen gleich, und die Symmetrieachse der Menge ist eine Symmetrieachse der
Klaviatur.
Daraus folgen unmittelbar
(Symm-NC):
Alle Vereinigung von Teilakkorden der Zeile U0 und
alle Vereinigung von Teilakkorden der Zeile P0 sind klaviersymmetrisch.
Keine andere Zeile enthält C-symmetrische Teilakkorde.
(Symm-C):
Es gibt für alle N-symmetrischen Konstellationen von Notenköpfen
genau eine C-symmetrische Schlüsselung.
(Symm-C1):
Es gibt genau zwei N-symmetrische Konstellationen (modulo Oktave),
für die es nur eine einzige K-symmetrische Schlüsselung gibt, die also auch
C-symmetrisch ist.
Die eine ist U0, Pos 0+2, also h+d'+f'.
Die andere ist P0, Pos 1+3, also d+f+h+d'.
Welche Schrittfolgen sind für Xp und Xu überhaupt konstruierbar, also welche Fälle von Aufeinandertreffen von Ganz- und Halbtonschritten ?
Zunächst gilt grundsätzlich: Jede Schrittfolge, die sich auf der Klaviatur findet startend mit Tonhöhe/Taste x, findet sich auch, wenn man Oberstimme gegen Unterstimme vertauscht und den Anfangston an einer der Symmetrieachsen der Klaviatur spiegelt.
Weiterhin bewirkt erwähnte Punktsymmetrie der Schrittgrößen eine Achsensymmetrie der Klassenzugehörigkeit, sodass diese nur für die erste Hälfte jeder Schrittfolge untersucht werden muss.
Beginnen wir mit der Konstruktion der möglichen Schrittfolgen für Xu:
Konstruktion Eins:
Gefordert sei zunächst, dass keine Schiefschritte geschehen, also immer nur
gleichartige Schritte sich gegenüber stehen.
(Fall Diff-0):
Dann kann zwischen Position 0 und 1 nicht in beiden Stimmen ein Halbtonschritt
stehen, da dies ja zwei auf der Klaviatur aufeinanderfolgenden entspräche, im
Widerspruch zu (Fehl-Maximal). Ähnlich kann dann
zwischen 1 und 2 kein Ganztonschritt stehen, da vier aufeinanderfolgende
(ST-Maximal) widersprächen, es steht also oben und
unten ein Halbtonschritt.
Danach müssen nach (Fehl-ST)
drei Ganztonschritte folgen, was sich aufs glücklichste mit der Punktsymmetrie nach
(Sk1)trifft:
: _ _ _ _ _ | | /\ | | |:| | | /\ | | |_| \/ |_| |_| |_| \/ |_| : |
Da die sich ergebende Schrittfolge komplett symmetrisch ist zum Anfangston, kann dieser nur der Ton "d", die weiße Symmetrieachse der Klaviatur sein. Die Folge ist in Abbildung 3 dargestellt als U0, alle Teilakkorde gehören der m-Klasse an, alle möglichen Vereinigungen von Teilakkorde sind K-, G- und C-symmetrisch. Darüberhinaus gilt dies auch für alle schrittweisen Fortführugen der Teilakkorde über die Oktave hinaus.
Fordern wir nun in den Schrittfolgen mindestens einen Schiefschritt.
Geschehe z.B. zwischen Position 0 und 1 z.B. in der Oberstimme ein Halbtonschritt. Dann müssen in derselben Stimme von 1 nach 2 und 2 nach 3 Ganztonschritte folgen, ebenso von 0 nach 1 und 1 nach 2 in der Unterstimme, beides wegen (Fehl-ST') . Es sind also mindestens zwei Teilakkorde in der v-Klasse, da nach dem ersten Schiefschritt nicht sofort ein kompensierender folgt:
_ _ /\ | | | | |_| |_| |
Es kann nun entweder
(Fall Diff-2)
in der Unterstimme von Position 2 nach 3 ein Halbtonschritt folgen, und dann drei
Ganztonschritte. Es wären dann die Teilakkorde an Position 1 und 2 in der v-Klasse,
und 3 wieder in der m-Klasse. Entsprechend in der Oberstimme (wg. Fehl-ST) von 3
nach 4 der dritte Ganztonschritt. Auch dies passt zum Symmetriegebot
(Sk1)/
(Sk2):
: _ _ _ _ _ /\ | | | | |:| /\ | | | | |_| |_| \/ |_| |_| |_| \/ : |
Dieser Fall entspricht Zeile U2, beginnend mit c, Ober- und Unterstimme vertauscht. Dieselbe Verteilung von Schrittgrößen (mit der Anordnung der Stimmen wie im Bild) ergibt sich gespiegelt an d, also beginnend mit e.
Oder aber
(Fall Diff-3)
in der Unterstimme von 2 nach 3 folgt ein Ganztonschritt und dann erst der
Halbtonschritt.
: _ _ : _ _ _ /\ | | | | /\ | | | | | | |_| |_| |_| \/ |_| |_| \/ : |
Dann aber treffen zwei Halbtonschritte von 3 nach 4 in beiden Stimmen aufeinander, bilden also mitnichten einen Schiefschritt und wirken nicht kompensierend, sondern sogar drei(3) Teilakkorde sind in der v-Klasse. Dies ist U3 beginnend mit h oder (Stimmen vertauscht) beginnend mit f.
Sei nun der erste Schiefschritt von Position 1 nach 2. Es müssen von 0 nach 1 wegen (Fehl-ST') in beiden Stimmen Ganztonschritte stehen:
_ | | /\ |_| |_| |
Daraus folgen aber schon zwangsläufig alle weiteren Schrittgrößen, wegen (ST-Maximal) und (Fehl-ST):
: _ _ _ _ _ | | /\ | | |:| /\ | | | | |_| |_| \/ |_| |_| \/ |_| : |
Dies ist
(Fall Diff-1),
weil in jeder Hälfte nur ein(1) Teilakkord in der v-Klasse liegt. Er entspricht
Zeile U1 beginnend mit a, oder, mit vertauschten Stimmen, beginnend mit g.
Alternative Konstruktion:
Beginnen wir mit dem mittleren Schritt, der ja in beiden Stimmen wegen (Sk1) derselbe sein muss.
Sei dieser ein Halbtonschritt, dann bleibt in beiden Stimmen nur ein(1) weiterer
Halbtonschritt zu plazieren. Dieser muss wegen
(Fehl-ST') maximal weit entfernt sein,
und wegen
(Sk1)
jeweils einem Ganztonschritt entgegenstehen. Es gibt in der ganzen
Folge also zwei(2) Schiefschritte. Da diese ganz zu Beginn und ganz am Ende stehen,
sind maximal viele Teilakkorde in der v-Klasse, es handelt sich um Schrittfolge
(Diff-3):
_ _ : _ _ _ /\ | | | | /\ | | | | | | |_| |_| |_| \/ |_| |_| \/ : |
Stehe nun in der Mitte ein Ganztonschritt, so folgt aus (ST-Minimal) , dass einer seiner Nachbarn auch ein Ganztonschritt sein muss.
Sind (a) beide Nachbarn Ganztonschritte, dann folgen auf beiden Seiten
wegen (ST-Maximal) symmetrisch
zwei Halbtonschritte. Damit sind alle Halbtonschritte plaziert, ohne dass ein
Schiefschritt erfolgt, und wir erhalten
(Diff-0):
: _ _ _ _ _ | | /\ | | |:| | | /\ | | |_| \/ |_| |_| |_| \/ |_| : |
Setzt man hingegen (b) einen Halbtonschritt neben den zentralen Schritt, also einen Schiefschritt, so folgt wegen (Fehl-ST') zunächst nur, dass auf dessen anderer Seite nur noch Ganztonschritte folgen. Wir erhalten (modulo Stimmentausch)
: _ _ _ _ | | |:| /\ | | | | |_| |_| \/ |_| |_| : |
Der zweite Halbtonschritt kann nun direkt auf der anderen Seite der Mitte
eingesetzt werden. Dann stehen sich beide Schiefschritte engstmöglich
nebeneinander und wir erhalten
(Diff-1):
: _ _ _ _ _ | | /\ | | |:| /\ | | | | |_| |_| \/ |_| |_| \/ |_| : |
...oder aber nach zunächst einem weiteren eingefügten Ganztonschritt, ergebend
(Diff-2):
: _ _ _ _ _ /\ | | | | |:| /\ | | | | |_| |_| \/ |_| |_| |_| \/ : |
Ende der alternativen Konstruktion.
Dritte Konstruktion:
Beginnen wir mit der Schrittfolge ohne Schiefschritte, also (Diff-0), wo
alle Teilakkorde in der m-Klasse liegen. Dies entspricht der notationssymmetrischen
Menge mit der Achse "d".
Es stehen also nur gleichartige Schritte gegeneinander.
Wegen der Punktsymmetrie
(Sk1) müssen sich die Halbtonschritte
symmetrisch um die Mitte gruppieren, was wegen
(ST-Minimal) und
(ST-Maximal) nur möglich ist,
wenn dort drei(3) Ganztonschritte stehen:
(Diff-0):
: _ _ _ _ _ | | /\ | | |:| | | /\ | | |_| \/ |_| |_| |_| \/ |_| : |
Rotieren wir nun die Schrittfolge, so entspricht das einer
Verlagerung des Anfangstones (also der Position 0, also der Symmetrieachse)
um eine weiße Taste, also von d auf e oder c.
Wegen der Symmetrie ist die Auswirkung auf die
Verhältnisse der Schrittfolgen gleich, ob wir links oder rechts herum rotieren,
also nach unten oder oben schreiten.
Allemal wandern die gegeneinanderliegenden
Halbtonschritte um zwei(2) Positionen auseinander, wir erhalten also
(Diff-2):
: _ _ _ _ _ /\ | | | | |:| /\ | | | | |_| |_| \/ |_| |_| |_| \/ : |
Rotieren wir noch eine Position, der Startpunkt geht auf h oder f über,
dann wechseln die äußeren
Halbtonschritte nur die Stimme, nicht die Position, und die inneren wandern noch
eine Position weiter, sodass die v-Klasse um eins(1) wächst:
(Diff-3):
_ _ _ : _ _ | | | | | | /\ | | | | /\ \/ |_| |_| \/ |_| |_| |_| : |
Bei der nächsten Rotation wandern die Halbtonschritte zwei Position auf einander
zu, bilden wieder vier(4) Schiefschritte, und wir erhalten
(Diff-1):
: _ _ _ _ _ | | | | /\ |:| | | /\ | | |_| \/ |_| |_| \/ |_| |_| : |
Die bei dieser Konstruktionsweise entstehende Reihenfolge entspricht der Anordnung der Zeilen in Abbildung 3, wenn der Startton um jeweils eine Taste sich verschiebt.
Ende der dritten Konstruktion.
Die abstrakt-graphische Zeile Xp und ihre verschiedenen Interpretationen durch
Schlüsselungen in den Zeilen P0, etc., beschreiben, wie gesagt, alle geradzahligen
notenkopfsymmetrischen Mengen.
Deren K-/G- und C-Symmetrieen können dadurch abgeleitet werden,
Auf der Ebene der Schrittfolgen und ihrer Graphik kann man sich das einfach
visualisieren, da die Wege von Position 4 in der einen zur Position 4 in der anderen
Stimme, erst nach links, dann nach rechts, genau einer(1) Oktave plus einem(1)
Schritt entsprechen. Der erste und letzte Schritt ist folglich derselbe, und er kann
den ganzen Zyklus ersetzen.
Am Besispiel (Diff-1):
0 1 2 3 4 5 6 7 _ _ _ _ _ | | | | /\ | | | | /\ | | |_| \/ |_| |_| \/ |_| |_| 4 5 6 7 _ _ _ | | /\ | | |_ \/ |_| |_| (= 0 1 2 3) |
Da die Oktave und die in ihr akkumulierten Schiefschritte wegfallen, sind die
Teilakkorde an Position 0 der P-Zeilen genau wie die der U-Zeilen trivialerweise
griffsymmetrisch.
Die m/v-Klassenzugehörigkeit hingegen kann eins-zu-eins von den ensprechend
versetzten Positionen der entsprechenden U-Reihe übernommen werden: Es gibt einen(1)
Vertreter P0 der (Diff-0) Schrittfolge, beginnend mit a+g, entsprechend der U0-Folge,
die mit d beginnt. Es gibt jeweils zwei(2) Vertreter aller anderen Schrittfolgen
(P1,P2,P3), mit Anfangstönen jeweils gespiegelt an einer Symmetrieachse der
Klaviatur.
K-, G- und C-Symmetrie aller möglichen Vereinigungen ergeben sich aus der m/v-Klassenzugehörigkeit der Teilakkorde, nach genau denselben Regeln wie für die U-Reihen, also (Symm-NK), (Symm-NG) und (Symm-NC).
Wenn zu N-symmetrischen Konstellationen von Notenköpfen Versetzungszeichen hinzugefügt werden, so sind grundsätzlich zwei verschiedene Begriffe von Symmetrie sinnvoll, die beide rein graphisch definiert sind:
Iso-V-Symmetrie bedeutet, dass ein Aggregat von Noten bei Streichung der
Versetzungszeichen N-symmetrisch ist, und dass in ihm bei einem oder mehreren Paaren
von Notenköpfen im gleichen Abstand von der Symmetrieachse der N-Symmetrie
dasselbe Versetzungszeichen angebracht wird.
Die Transformation heißt "Iso-Versetzung".
Ist die Symmetrieachse Bestandteil der Menge, so ist jedes Anbringen eines beliebigen
Versetzungszeichens an dieser eine Iso-Versetzung.
Anti-V-Symmetrie bedeutet, dass in einem solchen Aggregat vor solchen Paaren
entgegengesetzte Versetzungszeichen angebracht werden, also Be gegen Kreuz,
Doppel-Be gegen Doppelkreuz, Die Transformation heißt "Anti-Versetzung".
Ist die Symmetrieachse Bestandteil der Menge, so kann auf sie eine Anti-Versetzung
angewandt werden, indem der Ton/die Taste verdoppelt wird und je eines der
entgegengesetzten Versetzungszeichen angebracht wird.
("N-Symmetrie" beziehe sich auch bei Konstellationen mit Versetzungszeichen weiterhin, wie oben definiert, nur auf die vertikale relative Anordnung der Notenköpfe, ohne Ansehen der Versetzungszeichen.)
Wie kann man nun aus den Eigenschaften der so entstehenden symmetrischen graphischen Aggregate auf K-, G- und C-Symmetrie der gemeinten Tasten/Töne schließen?
Zunächst muss obige vorläufige Definition der Bedeutung der Versetzungszeichen erweitert werden. Diese Erweiterung ist eine "kanonische": Das Versetzungszeichen "b" vor einen Notenkopf gesetzt bedeutet danach die nächste Taste links von der durch den bloßen Notenkopf bezeichneten weißen Taste x, ohne Ansehung der Farbe. Also wiederum eine weiße Taste, wenn links von x keine schwarze Taste, sondern eine Fehlstelle liegt. Genau so geht Doppel-Be von x auf die Taste übernächste Taste links von x über, Kreuz auf die nächste rechts von x und Doppelkreuz auf die übernächste, immer ohne Ansehen der Farbe.
Bezeichnet werden die Tonhöhen von Aggregaten aus Notenkopf und vorangestelltem Versetzungszeichen durch Anhängen von "es", "eses", "is" und "isis" an den Namen der weißen Taste, für Be, Doppel-Be, Kreuz und Doppelkreuz. (Dabei heißt es vereinfachend "as" statt "aes", "asas" statt "aeses", "b" statt "hes" "es" statt "ees" und "eses" statt "eeses".)
Die Erweiterung ist für neue Schiefheiten im Verhältnis der Symmetrieen zwischen Graphik/Notation einerseits und Klang und Tasten andererseits verantwortlich. Besonders bedeutend ist der Effekt, der in der musikalischen Fachterminologie (im allgemeinsten Sinne) "enharmonisch" genannt wird, dass nämlich nun verschiedene Namen und Notensymbole dieselbe Taste bezeichnen.
((
Es wird nun u.a. die urspünglich so praktische Modellierung als "Mengen von
Taste/Tönen/Noten" problematisch, da "des" und "cis" verschiedene Notensymbole sind,
die aber dieselbe Taste bezeichnen. Die gleichbedeutenden Kollektionen von
Notensymbolen und Tasten sind also als "mathematische Mengen" nicht mehr
gleichmächtig. Wir könnten auf Multi-Mengen von Tasten (und Tönen) übergehen und
müssten nur die Definition der K-Symmetrie angepassen. Aber da die Resultate, das
Vorliegen oder Fehlen der verschiedenen Symmetrieen, letztlich dieselben sind, kann
auf eine derartige Verfeinerung des Modelles verzichtet werden.
))
((
Jede weiße Taste ist nun schreibbar ohne Versetzungszeichen, und als
eine Nachbarin mit einfachem oder doppeltem Versetzungszeichen.
Jede schwarze Taste ist schreibbar als die benachbarten weißen Tasten mit
einfachem Versetzungszeichen. Liegt neben ihr eine Fehlstelle, dann ist sie
auch schreibbar als die dahinterliegende weiße Taste mit doppeltem Versetzungszeichen.
Also haben alle Tasten drei Schreibweisen, bis auf gis=as, die nur zwei hat.
Die Abstände vom dargestellten Ton zur darstellenden weißen Taste sind also, je nach
Fall, {-2,0,+2}, {-1,0,+2}, {-2,0,+1}, {-1,+1}, {-2,-1,+1} oder {-1,+1,+2}.
))
Durch die Versetzungzeichen folgt
(Symm-K-non-N):
Bei Verwendung von Versetzungszeichen gibt es K-symmetrische Mengen,
die nicht N-symmetrisch sind.
Beispiel:
b+d+ges ist K-symmetrisch (sogar C-symmetrisch !-), aber nicht N-symmetrisch.
Dieselbe Tastenmenge geschrieben als ais+d+ges oder b+d+fis ist hingegen
Anti-V-symmetrisch, also N-symmetrisch.
Es gilt sogar
(Symm-KV-N):
Für jede K-symmetrische Menge gibt es eine enharmonische Schreibweise, die
N-symmetrisch ist.
Sei aK die Achse der K-Symmetrie. Seien xo und xu zwei Elemente der Menge, die im selben Intervall (=Anzahl von Halbtonschritten) auf beiden Seiten von aK stehen. Bezgl. der Lage von aK sind nun fünf Fälle zu unterscheiden:
| X X | X X X | X | X X | X X X | X |___|___|___|___|___|___|___|___| a) o : o b) o : o c1) o : o c2) o o o d) o:o |
a) Die Symmetrieachse aK fällt auf eine weiße Taste.
Die materielle Symmetrieachse der N-Symmetrie aN ist dann die Systemposition des
Notenkopfes, der direkt aK repräsentiert.
Entspreche xo einer weißen Taste. Deren N-Spiegelbild xo' sei
die weiße Taste, die von aN gleichviel weiße Tasten(=Systempositionen) entfernt liegt wie
xo, nur auf der anderen Seite.
xu hingegen ist die Taste gleichviel Halbtonschritte von aK=aN entfernt, etc.
Dann ist xo' wegen (MaxDiff) maximal einen(1)
Halbtonschritt von xu entfernt. xu kann also mit maximal einfachem Versetzungszeichen
vor xo' notiert werden. (Dabei wird u.U. eine weiße Taste xu enharmonisch
mit Versetzungszeichen geschrieben!)
Entspricht xo einer schwarzen Taste und xu einer weißen, vertausche
man die Bezeichnungen.
Sind beide Tasten schwarz, so gehe man auf ihre inneren oder äußeren Nachbartasten
über, die beide weiß sind. Dies fügt letztendlich zum Notationsresultat an beiden
Noten ein je komplementäres Versetzungszeichen v1 hinzu (Anti-Versetzung). Dann
verfahre man wie oben. Als Resultat ergibt sich evtl. an einer der beiden Noten ein
weiteres Versetzungszeichen, also schlechtestenfalls ein doppeltes. Dieses kann
eliminiert werden durch Wahl der anderen Nachbartasten, weil dann das
Versetzungszeichen v1 ins Komplement übergeht, das Verhältnis der weißen Tasten
untereinander aber dasselbe bleibt.
Dies für alle Paare xu/xo angewandt ergibt die gesuchte N-symmetrische Notation. Die
Symmetrieachse aK=nK kann in der Menge enthalten sein oder nicht und wird ohne
Versetzungszeichen dazunotiert.
b) Die Symmetrieachse aK fällt auf eine Fehlstelle zwischen zwei weißen Tasten
w1 und w2.
Dann wird die Mitte zwischen den Systempositionen, die w1 und w2
entsprechen, zur virtuellen Achse aN der N-Symmetrie;
das N-Spiegelbild wird definiert, indem der Abstand von xo zu w1 gleich sein
muss wie w2 zu xo', etc.
Die weiteren Unterscheidungen
sind genau wie in Fall a), da auch hier die Achsen aN und aK zusammenfallen.
c) Die Symmetrieachse aK fällt auf eine schwarze Taste.
c1) Die Symmetrieachse aK ist nicht Teil der Menge.
Dann sind w1 und w2 die weißen Tasten, die aK direkt umgeben, und alles Weitere
ist wie in Fall b).
c2) Die Symmetrieachse aK ist sehrwohl Teil der Menge.
Dann muss zunächst aK selber notiert werden, und zwar als w1 oder w2, eine der an sie
angrenzenden weißen Tasten, mit entsprechendem Versetzungszeichen. Der damit
bestimmte Notenkopf (resp. seine Systemposition) wird zur materiellen Achse aN der
N-Symmetrie.
Die Achsen aN und aK treten auseinander, und zwar um einen Halbtonschritt.
Dies unterscheidet c2) von allen vorangehenden Fällen und
hat spürbare Auswirkungen.
Seien xu und xo wieder ein Paar, K-symmetrisch zu aK. Das N-Spiegelbild xo' einer
weißen Taste xo sei wieder definiert als diejenige weiße Taste, welche von aN genauso
viele weiße Tasten entfernt liegt wie xo, zur anderen Seite.
Sei xo weiß.
Die Abstände von xo und xo' zu aN gemessen in Halbtönen können um maximal einen (<=1)
Halbton differieren, genau wie in den vorangehenden Fällen wegen
(MaxDiff).
Zusätzlich aber differieren xu und xo' um zwei(2) Halbtöne, da die
Achsen der K- und der N-Symmetrie einen(1) Halbton auseinanderliegen.
Zur Darstellung von xu durch xo' kann also u.U. ein dreifaches
Versetzungszeichen vX erforderlich sein.
Dieses muss eliminiert werden, indem (a) statt xo die (entgegen der Richtung von vX)
benachbarte weiße Taste genommen wird,
(b) diese mit einem einfachen oder doppelten Versetzungszeichen
(selbe Richtung wie vX) benutzt wird, um xo zu notieren, und
(c) deren N-Spiegelbild statt xo' benutzt wird um xu zu notieren,
welches dazu entsprechend weniger Versetzungszeichen benötigt,
Allemal ist c2) der einzige Fall, in dem mit bestimmten Achsentönen doppelte Versetzungszeichen unverzichtbar sind.
Sind beide Tasten schwarze, so wird die näher an aK als an aN liegende (z.B. xu) mit der innenliegenden weißen Taste (u2) dargestellt, denn aN liegt dann ja hinter aK und das N-Spiegelbild u2' jenseits des K-Spiegelbildes xo, und u2' rückt damit näher an xo heran. Damit ist der erwähnte Ganztonschritt wegen des Unterschiedes der Achsen kompensiert: es bleibt das wegen (MaxDiff) benötigte Versetzungszeichen, ein einfaches. Es herrscht immer Iso-Versetzung, die Richtung xu-u2 entspricht xo-u2'.
d) Die Symmetrieachse aK fällt auf eine "Ritze" zwischen weißer und
schwarzer Taste aW und aS.
Dann wird die Systemposition des Notenkopfes der weißen Taste zur Achse
der N-Symmetrie aN.
aW und aS selber werden (falls sie in der Menge enthalten sind)
beide mit diesem Notenkopf notiert, mit resp. ohne Versetzungszeichen.
Das N-Spiegelbild xo' der weißen Taste xo wird definiert wie in Fall a),
durch Zählen der weißen Tasten bezüglich aW.
Genau wie dort ist xu' von xo um maximal einen Halbton unterschieden wegen (MaxDiff). Dazu kommt allemal ein weiterer Halbtonschritt, weil die Achse aN um einen halben Halbtonschritt (=Viertelton) von aK abweicht. Und zwar liegt xu' evtl. weiter außen als xo, wenn xu näher an aS als an aW liegt, sonst evtl. weiter innen. Der Unterschied beträgt also maximal zwei (<=2) Halbtonschritte, was doppelte Versetzungszeichen erforderte.
Dies kann aber nur in einem einzigen Falle (modulo Oktave) notwendig sein. Sei die Reihenfolge auf der Klaviatur o.b.d.A. von unten nach oben xu--xo'--aS--aW--xo. Dann kommt dieser zusätzliche Halbtonschritt durch den Unterschied in den Schrittfolgen (=Abfolgen Ganzton-/Halbtonschritte, s.o.) von aW nach xo und von aW nach xo' zustande, wobei zweites kleiner werden soll.
aS: xu' xu xo' :aW xo | X X | X: X X | X | | X X | X: X X | X | |___|___|___|___|___|___|___|___|___| |
Der erste Schritt von aW gen xo' ist allerdings ein Ganztonschritt, da dort ja die
schwarze Taste aS folgt. Frühestens der zweite Schritt kann ein Halbtonschritt
sein. Wenn diesen von aW nach xo zwei Ganztonschritte entgegenstehen, ist der
kritische Fall erreicht. Damit aber liegt rechts von xo wegen (ST-Maximal) eine Fehlstelle. xu ist in diesem Falle auch
immer eine weiße Taste (2 Ganztonschritte unter xo', und von dem nicht durch
eine Fehlstelle getrennt), und deren N-Spiegelbild xu' liegt jenseits dieser
Fehlstelle. Die Notation mit xu und xu' (statt xo und xo') verlangt deshalb nur
ein(1) Versetzungszeichen, siehe obiges Bild.
Dies ist die einzige derartige Anordnung (modulo C-Symmetrie), deshalb sind doppelte
Versetzungszeichen in diesem Falle doch nicht nötig.
Anfänglich bildet aK weiße auf schwarze Tasten ab. xo und xu können nur beide
schwarze Tasten sein, wenn auf einer Seite ein Halbton- gegen einen Ganztonschritt
steht.
Steht der Halbtonschritt auf der aW-Seite, so kompensiert er genau die Differenz
zwischen aK und aN, und es können beliebig die zwei äußeren oder die zwei inneren
weißen Tasten zur Notation verwendet werden, siehe folgendes Tastendiagramm. Dabei
herrscht Anti-Versetzung.
Steht der Halbtonschritt auf der aS-Seite, so vergrößert er die Differenz
der Achsen auf einen(1) Halbtonschritt. Es kann also für die
aS-seitige schwarze Taste (z.B. xu) nur die innenliegende weiße (u2) genommen werden,
um ihr N-Spiegelbild u2' näher an das K-Spiegelbild xo heranzurücken.
Dennoch liegt u2' noch außerhalb, xu-u2 und xo-u2' müssen also
gleichsinnig versetzt werden, Iso-Versetzung.
Dafür reicht allerdings ein einfaches Versetzungszeichen.
xu aS: xo fis-b-h-es u1 u2 :aW u2' u1' oder ges-b-h-dis o1' o2' : o2 o1 | | X X X: | X X | | | | X X X | X X | | |___|___|___|___|___|___|___|___|___| xu aS: xo es-ges-g-b u1 u2 :aW u2' u1' o1' o2' : o2 o1 | X X | X: X X | X | | X X | X X X | X | |___|___|___|___|___|___|___|___|___| |
((
Fall d) mag zunächst verschroben anmuten, ist aber tatsächlich in "klassischer
Setzweise" gar nicht selten. Er ergibt sich z.B. durch
die Technik der "realen Umkehrung", also
Umkehrung unter Wahrung der konkreten Zahl von Halbtonschritten. Am Beispiel der
Kunst der Fuge stehen sich so gegenüber d'-a'-f'-d'-cis-...und
a'-d'-fis'-a'-b'-..., und die Achse der K-Symmetrie liegt genau zwischen f' und
fis'. Auch wenn der konkrete Satz diesem Widerspruch selbstverständlich immer
ausweicht, ist er als strukturelle Tatsache doch stets im Hintergrund wirksam!
))
Hier Beispiele für alle fünf Arten von Achsen, -- unter c2) auch eines, das auf doppelte Vorzeichen nicht verzichten kann:
In dieser Herleitung zwar nicht verwendet, aber für Betrachtungen von N- und
K-Symmetrie generell nützlich ist ein zu (MaxDiff)
duales Lemma:
(Equ-hs-wt):
Alle zusammenhängenden Folgen von weißen Tasten, die gleich viel Halbtonschritte
beinhalten, beihalten auch gleich viele weiße Tasten, bis auf einen einzigen
Ausnahmefall (modulo Oktave).
Bezogen auf vorangehende Diskussion kann das auch formuliert werden als: Konstellationen weißer Tasten (=Vorzeichenloser Noten), die K-symmetrisch sind, sind auch N-symmetrisch, bis auf einen Ausnahmefall.
Versuchen wir ein Gegenbeispiel zu konstruieren, also zwei Folgen von ungleich vielen weißen Tasten, die gleich viel Halbtonschritte beinhalten. Sei eine Folge um eine weiße Taste länger. Dann kann die (gemessen in weißen Tasten) kürzere wegen (MaxDiff) maximal einen Halbtonschritt mehr beinhalten als der gleichlange Präfix der längeren. Also kann die längere nur einen Halbtonschritt mehr haben. Daraus folgt die Verteilung
............ ... |_| |_| \/ |
Damit die Anzahl der Halbtonschritte gleich ist, gibt es nur eine Ergänzung:
_ _ _ | | | | | | \/ |_| |_| \/ |
Da schon mit der nächsten Verlängerung línks die Gleichheit an Halbtonschritten aufgehoben wird, wegen (ST-Maximal) und (Fehl-ST), und sich das bis zum Oktavschluss nicht mehr ausgleichen wird, bilden diese Schrittfolgen also (modulo Oktave) die einzige in (Equ-hs-wt) erwähnte Ausnahme. Sie entsprechen den Wegen zwischen den Tönen h und f und den Intervallen "verminderte Quinte" und "übermäßige Quarte", die in den weißen Tasten nur je einmal (modulo Oktave) vorhanden sind. Für diese gibt es je mehrere verschiedene N-symmetrische Umschriften, in folgender Notenzeile dargestellt. Beachtenswert ist, dass diese fast nie "musikalisch sinnvoll" sind. Satz (Symm-KV-N) ist also in seiner Anwendbarkeit auf konkrete musikalische Probleme zwar nicht überflüssig, aber deutlich eingeschränkt.
Die Konstellationen h+f'+h' ist nur der auf weiße Tasten beschränkte Sonderfall einer allgemeinen Inkongruenz zwischen den verschiedenen Aspekten, nämlich dass die gleichmäßige Teilung der Oktave zwar K-symmetrisch ist (sechs Halbtonschritte), aber nicht N-symmetrisch notiert werden kann, so lange die Oktave nicht verunklart wird zur "übermäßigen Septime" oder "verminderten None". Wie gesagt: viele, aber nicht alle Instanzen der N-Symmetrie sind musikalisch sinnvoll.
Weiterhin gilt
(Symm-V-non-K):
Ist bei Weglassung aller Versetzungszeichen keine K-Symmetrie gegeben, dann kann sie
durch Iso- oder Anti-Versetzung auch nicht herbeigeführt werden.
Begründung:
K-Symmetrie wird gebrochen durch einen Schiefschritt, also einen Halbtonschritt in
der einen Stimme gegen einen Ganztonschritt in der anderen, im Rahmen der
Konstruktion der Mengen relativ zur möglichen Symmetrieachse, wie dargestellt im
vorigen Abschnitt und in
Abbildung 3. Beide Arten von Versetzung beeinflussen aber beide Stimmen um
jeweils dieselbe Anzahl von Halbtonschritten, können also diese Ungleichheit nicht
korrigieren.
Daraus folgt ein dualer Satz zu
(Symm-K-non-N):
(Symm-KN-non-V):
Für jede N-symmetrische Konstellation von Notenköpfen x gibt es eine
Anordnung von Versetzungszeichen, die K-symmetrisch ist. (Diese kann lt.
(Symm-V-non-K)
nur dann V-Iso- oder V-Anti-symmetrisch sein, wenn x schon K-symmetrisch ist.)
Begründung: Jede N-symmetrische Konstellation von Notenköpfen ist genau dann nicht
K-symmetrisch, wenn sie Teilakkorde (im Sinne obiger Konstruktion) aus beiden
Klassen, m-Klasse und v-Klasse, enthält. Mann kann auf einer ausgewählten Seite der
Symmetrieachse vor alle Noten aus den Teilakkorde der v-Klasse dasselbe geeignet
gewählte Versetzungszeichen schreiben (Erhöhung oder Erniedriegung um einen Halbton)
und die virtuelle Symmetrieachse verschieben und mit der materiellen zur Deckung
bringen, so dass der Gesamtklang K-symmetrisch wird.
(Im folgenden bedeute "Iso-/Anti-Versetzung" die Hinzufügung von Versetzungszeichen zu einem zunächst versetzungszeichen-losen Notat, wie oben definiert, und "herbeiführen", "bewahren", "zerstören", "verändern" beziehe sich auf das Verhältnis der Symmetrieeigenschaften dieses Ausgangsnotates ohne zu dem Resultat mit Versetzungszeichen.)
Weiterhin gilt:
(Symm-IsoV-K):
Iso-Versetzung bewahrt die Klangsymmetrie dann und nur dann, wenn ausnahmslos alle
Noten dasselbe Versetzungszeichen erhalten.
Begründung:
Wird ein Tonpaar (bezgl. der Symmetrieachse, im Rahmen erwähnter Konstruktion)
versetzt, ein benachbartes aber nicht,
so verändern sich die Intervalle auf beiden Seiten gegensätzlich, verlieren
also die für K-Symmetrie nötige Gleichheit ihrer absoluten Größe.
(Symm-IsoV-G):
Iso-Versetzung kann Griffsymmetrie bewahren, zerstören oder herbeiführen.
Beispiele:
c+d bleibt mit Kreuz-Versetzungszeichen G-symmetrisch, mit Be nicht.
d+f ist nicht G-symmetrisch, dis+fis hingegen schon.
(Das Herbeiführen gelingt nur, wenn die der G-Symmetrie entgegenstehenden
unterschiedlichen Tasten-Farben ganz außen im Griff liegen und durch die
Versetzung verschwinden).
(Da Iso-Versetzung K-Symmetrie nicht herbeiführen kann, sie aber Voraussetzung
ist für G-Symmetrie, muss sie allemal vorliegen.)
(Symm-IsoV-C):
Iso-Versetzung kann Klaviersymmetrie herbeiführen (wenn Griffsymmetrie vorliegt)
oder zerstören, aber nicht bewahren.
Begründung:
Der Akkord "g" wird mit Kreuz-Versetzungszeichen C-symmetrisch;
der Akkord "d" verliert mit jedem Versetzungszeichen die C-Symmetrie;
die totale Iso-Versetzung einer C-symmetrischen Menge verschiebt auch die
Symmetrieachse entsprechend, also weg von der Symmetrieachse der Klaviatur.
(Nicht-totale Iso-Versetzung zerstört eh Klangsymmetrie und damit G- und C-Symmetrie,)
(Symm-AntiV-K):
Anti-Versetzung verändert nicht die Klangsymmetrie-Eigenschaft.
(Symm-AntiV-G):
Anti-Versetzung kann Griffsymmetrie bewahren oder zerstören, aber nicht herbeiführen.
Beispiel: f+a ist G-symmetrisch, fis+as auch, fes+ais nicht.
Begründung:
Zum Herbeiführen muss K-Symmetrie (im versetzungszeichenlosen Ausgangsnotat
aus nur weißen Tasten) vorliegen. (Denn diese ist Voraussetzung für G-Symmetrie und
kann wegen (Symm-AntiV-K)
nicht herbeigeführt werden.)
Es fehlt dann an der G-Symmetrie, weil irgendwo im Inneren des
Griffes im gleichen Abstand von der Symmetrieachse
eine schwarze Taste gegen eine weiße steht.
Dieser Unterschied kann nur zum Verschwinden gebracht werden, wenn er
ganz weit aussen stattfindet und durch "nach innen wandernde"
Versetzungszeichen der äußersten Töne des Griffes "aufgefressen" wird.
Wenn aber die unterschiedlichen Tasten direkt neben den äußersten weißen liegen,
dann bezeichnet das Notat mit den
"einfach nach innen Anti-versetzten äußersten Noten"
genau diese unterschiedlichen
Tasten xs und xw, ist also immer noch nicht G-symmetrisch.
Das doppelt versetzte Notat bezeichnet ebenfalls unterschiedliche
Tasten, da innen von der schwarzen xs eine weiße liegt, und innen von
der weißen xw eine schwarze, laut
(Fehl-Maximal), da ja außen von xw bereits
eine weiße liegt, die Taste des Ausgangsgriffes.
(Symm-AntiV-C):
Anti-Versetzung verändert nicht die Klaviersymmetrie-Eigenschaft.
Ein zweiter, engerer Begriff von Symmetrie in der Notation ist eine paarweise symmetrische Lage einer Konstellation von Notenköpfen relativ zur Mittellinie des Notensystems, zunächst noch ohne Versetzungszeichen. Diese nennen wir Systemsymmetrie oder S-Symmetrie.
Wiederum stellt sich die Frage nach K-, G- und C-Symmetrie von S-symmetrischen Aggregationen. Selbstverständlich sind diese auch N-symmetrisch, und die in Abschnitt 4.2 aufgestellten Beobachtungen zu Notenköpfen und die in Abschnitt 4.4 zu Versetzungszeichen gelten weiterhin.
Weil der Anfangsklang einer "großen Sekunde", also eine Konstellaton von der Form des Teilakkordes an Position 0 der Zeile Xp in Abbildung 1 nicht S-symmetrisch schreibbar ist, kommen hier nur die Konstellationen der Zeilen Xu und U0 bis U3 in Betracht: der Notenkopf auf der Mittellinie ist immer potentieller Bestandteil der (graphisch definierten) S-Symmetrie. Abbildung 4 zeigt alle sieben möglichen Schlüsselungen (modulo Oktave) und die Teilakkorde aus der m-Klasse, also die, die zum Mittelton dazutreten können und dabei immer K-symmetrische Ergebnisse liefern. (Die Fall-Nummer der Schrittfolge, wie entwickelt in Abschnitt 4.2, ist am Zeilenanfang angegeben.)
Mit dem Erreichen der Oktave der Mittellinie wiederholt sich selbstverständlicherweise die Klangsymmetrie, siehe die Spalte "OKT" im Diagramm. Auch vorher schon werden Oktavumkehrungen erreicht, markiert durch Kleinstich und "(okt)", die streng genommen nicht explizit aufgeführt werden müssten.
Die nicht aufgeführten S-symmetrischen Paare sind die aus der entsprechenden v-Klasse, in Abbildung 1 mit eckigem Notenkopf, die (wie oben ausführlich demonstriert) untereinander auch zu K-symmetrischen Mengen zusammengefasst werden können, aber nicht mit dem Mittelton vereinigt, da sie eine virtuelle Symmetrieachse (Viertelton) haben.
Genau wie oben für den allgemeinen Fall ausgeführt, sind G-symmetrisch die Zusammenfassungen aller m-symmetrischen Teilakkorde, die links vom linkesten v-symmetrischen liegen.
Zur Illustration zeigt Abbildung 5 auf dieser Grundlage sämtliche viertönigen Konstellationen bis zur Oktave, die S- und K-symmetrisch sind, und zwar sowohl m- wie v-symmetrische, gekennzeichnet durch Notenkopf-Form. (Und zwar in allen Schlüsselungen bis auf die symmetrie-optimalen, s.u.) In der ersten Zeile sind zu Informationszwecken die ersten erreichten, eigentlich redundanten Oktavversetzungen angegegeben, welche selbstverständlich (weil das Intervall der Oktave unabhängig von der Schlüsselung ist!-) für alle weiteren Zeilen entsprechend auch gelten.
Das Vereinigungsergebnis von allen Teilakkorden mit gleichen Anteilen ist logischerweise wieder K-symmetrisch. Ebenso die Vereinigung mit dem Ton auf der Mittellinie und allen Teilakkorden der m-Klasse.
Erfreulich einfach und eindeutig ist das Verhältnis zur Klaviersymmetrie:
(SC1):
S-Symmetrie und C-Symmetrie fallen genau dann zusammen,
wenn die Mittellinie des Notensystems einer Taste "d" entspricht.
Begründung:
Klaviersymmetrie ist ja definiert als Symmetrie zu einer der Symmetrieachsen der
Klaviatur. Davon entspricht aber nur die weiße Taste "d" einer Systemposition (Linie
oder Zwischenraum im Notensystem). Die andere Achse "gis=as" muss durch ein
Versetzungszeichen entweder auf der Systemposition von "g" oder von "a" notiert
werden. Deshalb können schon die um sie symmetrisch liegenden weißen Tasten "g" und
"a" nicht symmetrisch zum Notat von "gis=as" notiert werden, und dementsprechend auch
keine weiter entfernte Taste.
Entspricht die Mittellinie des Systems einer Tonhöhe x ungleich d, so liegen die
Tasten eines kopfsymmetrischen Akkordes symmetrisch zu der weißen Taste, die x
entspricht, und folglich nicht klaviersymmetrisch.
Damit ist klar:
(SC2):
Von den gebräuchlichen Schlüsseln übersetzt der Bass-Schlüssel (Zeile F4 im
folgende Diagramm) und der (allerdings recht seltene) Französische Violinschlüssel
(Zeile G1) jede Systemsymmetrie in eine Klaviersymmetrie, und damit wegen
(CG1) auch
in eine Klangsymmetrie und
(KG3)in eine Klangsymmetrie.
S-, N-, K-, G- und C-Symmetrie fallen hier also vollständig zusammen; wir nennen diese
Schlüssel symmetrie-optimal.
|
Abbildung 4: S-Symmetrie und K-,G- und C-Symmetrie |
|
Abbildung 5: Sämtliche sporadischen viertönigen Konstellationen mit S- und K-Symmetrie |
Es gibt erhebliche Unterschiede bei der kompositorischen und musikantischen Verwendung von Mengen von Tonhöhen, wie bisher konstruiert. In dem einen Extremfall, z.B. stochastische Komposition, wird eine möglichst "technologische" Gleichverteilung des Auftretens ihrer individuellen Mitglieder angestrebt; im gegenteiligen Extrem, der Funktionalharmonik, wird zusätzlich zu der reinen Menge ein Kontext definiert, der jeder Tonhöhe modulo Oktave eine andere Rolle und Gewichtung zuweist.
Derartige Kontexte sind z.B. die Tonleitern. Diese zeichnen in einer Menge einen sog. Grundton aus, auf den bezogen alle anderen Tonhöhen ihre Rolle und ihr Gewicht definieren.
(Genauer: Die betreffende Menge ist zunächst eine Menge von Tasten und Tonhöhen, wie ganz zu Beginn unserer Untersuchung als austauschbar definiert. Sie kann in diesem Zusammenhang nun entweder modulo Oktave als Menge von Repräsentanten von Tonklassen verstanden werden, oder aber konkret bleiben und in einen Ausschnitt der Tastatur von der Länge einer Oktave hineinpassen, der dann seinerseits als Repräsentant verstanden wird. Beides gibt einen sinnvollen Begriff von "Tonleiter".)
Ohne auf die vielfältigen Varianten dieses Konzeptes in Laufe seiner historischen Entwicklung einzugehen (also die sehr unterschiedlichen Definitionen dieser Tonrollen, des Grundtones, die verschiedenen Formen des Umganges damit, die formalen Verwendungen etc.), ist für unser Thema die rein propädeutische Frage interessant, wann denn ein solcher Grundton und die K-Symmetrieachse einer Menge zusammenfallen.
Diese Eigenschaft einer Tonleiter nennen wir T-Symmetrie. Da diese klangliche Intervalle vergleicht (zur Erinnerung: das sind in unserem Ansatz gezählte Tastenabstände), ist sie eine Unterart der K-Symmetrie.
Da eine Tonleiter eine sich nach beiden Seiten modulo Oktave unbegrenzt wiederholende Struktur ist, und wir hier nur weiße Tasten = Notenköpfe ohne Versetzungszeichen hinzufuegen, folgt nach (NC1), dass dies C-Symmetrie impliziert, und damit auch G-Symmetrie.
Tonleitern werden bestimmte "Typen" zugeordnet, das sind fast immer Schrittfolgen im Sinne unserer Definition aus Abschnitt 4.2, also bestimmte Abfolgen von Ganztonschritt und Halbtonschritt, manchmal aber auch von größeren Intervallen. Jeder dieser Typen kann auf jeder Taste/jedem Ton beginnend abgetragen werden, was dann unterschiedlichen Transpositionen "derselben Tonleiter" in diesem Sinne entspricht.
Ein wichtiger Prototyp der Tonleiter ist die Dur-Tonleiter. Eine Instanz davon sind alle weißen Tasten zusammen mit der Definition, dass die Taste "c" der Grundton sei. Hier fallen Grundton und Symmetrieachse offensichtlich nicht zusammen.
Tonleitern, die ebenfalls aus allen weißen Tasten bestehen, aber einen anderen Ton als "c" als ihren Grundton bezeichnen, werden im praktischen Umgang als "Kirchentonarten" bezeichnet, und tragen als solche die eigenen Namen "dorisch", "phrygisch", "lydisch", etc.
(Man beachte, dass dies eine rein pragmatisch-abkürzende Etikettierung ist: die historischen Kirchentonarten sind etwas deutlich anderes, kommen mit einem viel weitergehenden Regelwerk; erst recht haben diese Tonleitern nichts mit irgendwelchen antiken griechischen Formen zu tun, wie durch die Namensgebung suggeriert.)
Da jeder Ton Grundton werden kann, und die weißen Tasten schon rein physikalisch
symmetrisch sind, muss es also eine "Kirchentonart" geben, in der T-Symmetrie
herrscht.
Wie sieht deren Schrittfolge aus?
T-Symmetrie bedeutet, dass vom Grundton auf- wie absteigend (modulo Oktave)
immer dieselben Schrittgrößen/Intervalle erscheinen müssen.
Also muss
1)
der erste Schritt nach oben ein Ganztonschritt sein, da derselbe
ja auch nach unten erfolgt, und wegen
(Fehl-Maximal) keine zwei Halbtonschritte
auf einander folgen können.
2)
Als nächster Schritt muss ein Halbtonschritt folgen, weil ja sonst vier
Ganztonschritte auf einander folgten, was
(ST-Maximal) widerspricht.
3)
Damit ist aber alles festgelegt: es folgen oben und unten wegen
(Fehl-ST') zwei weitere Ganztonschritte
Die sich ergebenden Töne liegen (modulo Oktave) im Abstand eines weiteren
Ganztonschrittes, die Ton-Leiter ist also geschlossen.
Da wir nur weiße Tasten verwenden, gibt es nur den Ton "d", der oben und unten von Ganzton plus Halbton (sog. "kleine Terz") umschlossen ist. Dieser ist also der einzige mögliche Grundton einer T-symmetrischen Tonleiter auf weißen Tasten; die "dorisch" genannte ist also die einzig symmetrische der sog. "Kirchentonarten".
Wir erhalten
S1 = d-e-f-g-a-h-c-d |
Diesem intervallischen Befund entspricht eins-zu-eins der optische: Die Symmetrieachsen der Klaviatur sind die Tasten d und as (wie oben ausgeführt, unter o.e. Annahmen); bezogen auf die weißen Tasten nur "d" materiell und "gis=as" virtuell.
Interessanterweise springen diese Symmetrieen einen Nicht-Musiker wohl eher an
als einen Pianisten, für den die Tasten stets mit einer überwältigenden Fülle an
Erfahrung und Semantik belastet sind ...
Diese Symmetrieen sind ja auch im funktionalharmonischen System
eben nicht konstitutiv!
Für das tonale Denken ist C-Dur zentral, zumindest aber das Vorhandensein des
Leittones, der in "dorisch" ja gerade geleugnet wird.
Der "Nullpunkt" der Klaviatur für den pianistisch Gebildeten ist das c-eins, nicht das
d-eins.
Gerade aber weil sie quersteht zu Tonalität und Funktionalharmonik eignet sich die Symmetrie der Klaviatur als "Zweites System" im oben beschriebenen Sinne.
Im Raster der Tasten der Klaviatur lassen sich nun selbstverständlich beliebige "in
sich symmetrische Tonleitern" definieren, indem man einfach mit jedem ausgewählten
Ton sein Spiegelbild auch in die Tonmenge übernimmt.
Wir gehen hier einen anderen Weg, da uns, als konventionelle Komponisten, ja nur
genau die Strukturen interessieren, die in beiden Systemen sinnvoll operieren,
also funktionalharmonisch-tonal und gleichzeitig abstrakt-symmetrisch.
Dazu können wir nun schrittweise in der "dorischen Tonleiter" S1 die weißen Tasten durch schwarze ersetzen, selbstverständlich in nämlicher Art, immer paarweise symmetrisch. Dabei sagen die in Abschnitt 4.4 gefundenen Sätze (Symm-AntiV-K)und (Symm-IsoV-K), dass (partiell angewandt) nur Anti-Versetzung die K-Symmetrie bewahrt, und damit auch die T-Symmetrie.
Ersetzen wir so die zweite/siebente Stufe, so erhalten wir
S2 = d-es-f-g-a-h-cis-d |
die als "melodisch moll mit phrygischer Sekunde" gehört werden kann.
Die nächste Möglichkeit der Ersetzung auf der dritten/sechsten Stufe ergibt
S3 = d-e-fis-g-a-b-c-d |
Dies kann man interpretieren als eine "normale g-moll-melodisch" Tonleiter, eine sehr häufige Bildung, die moll-Charakter auf der Tonika und Dur-Charakter auf der Dominante kombiniert. Mit "g" als Grundton herrscht allerdings keine T-Symmetrie, da die Symmetrieachse ja das "d" bleibt. Dennoch spielt genau diese Symmetrie "wörtlich" in der Kunst der Fuge immer wieder eine Rolle.
Beide Ersetzungen können kombiniert werden:
S2+3 = d-es-fis-g-a-b-cis-d |
Dies ergibt eine Art "Zigeuner-moll" mit zwei "übermäßigen Terzen".
Weitere Ableitungen ergeben sich aus der Beobachtung, dass S2 fast nur Ganztonschritte aufweist. Lässt man in S2 den Ton d weg, so erhält man eine Ganztonleiter mit den Tönen gis=as und d als virtuelle Symmetrieachsen:
S2g = es-f-g-a-h-cis |
Für die Rest-Menge muss das zwangsläufigerweise auch gelten: ersetzt man in S3 die Tasten g und a durch gis=as, so erhält man die komplementäre Ganztonleiter
S3g = d-e-fis-gis-b-c-d |
Hier sind d und gis=as beides materielle Symmetrieachsen.
Die Kombination von Halb- und Ganztonschritt, wie angelegt in S3, kann konsequent weitergetrieben werden:
|
|
Abbildung 6: Klaviersymmetrische zweistimmige Kadenzen |
Diese Bildungen werden langsam auch funktionalharmonisch/musikalisch sinnvoll: S4 vermittelt recht natürlich klingend zwischen Voll-Kadenzen nach Ges- und nach C-Dur. Nur die Oktave "as" klingt schlecht. Der erste Ton jeder Hälfte wird rück-hörend als Doppeldominante re-interpretiert.
S4b vermeidet die häßliche Oktave und kadenziert in ein (instabiles) es-moll-sieben. Dies wird uns in der Durchführung des Finales der Sturmsonate wiederbegegnen.
Die Bedeutung sämtlicher oben aufgeführter Symmetrie-Arten ist durchaus allerorten
und allen Autoren bekannt, und sie werden auch regelmäßig als prinzipiell relevant
benannt und/oder ihre konkreten Instanzen aufgewiesen, besonders wenn es um die
verschiedensten "konstruktivistischen" Kompositionsstile geht, wie Vokalpolyphonie,
barocke und klassische Motiv-Techniken, Zwölftontechnik, etc.
Es gibt wohl keine Analyse eines Werkes von Anton Webern oder schon der ersten
Stücke des Mikrokosmos von Bartok, welche nicht explizit die
Symmetrieen erwähnt, als offensichtlich architektonisch relevant für das Ganze;
Eggebrecht über die Kunst der Fuge [eggeKdf, S.42.ff] erkennt die
Bedeutung von C-, T- und Anti-V-Symmetrie für das Gesamtwerk, ohne zwischen diesen zu
differenzieren.
Allerdings scheint unser Artikel der erste, der die durchaus verschiedenen Arten von Symmetrieen von Tasten, Tönen und Noten versucht systematisch erst gegeneinander abzugrenzen und dann in Beziehung zu setzen.
Manche Frage nach gegenseitigem Ein- und Ausschluss der Symmetrieeigenschaften ist noch nicht gestellt. Eine Konstruktion mit exakteren mathematischen Methoden erscheint höchlichst wünschenswert und erfolgversprechend, würde aber mit deutlich mehr technischen und formalen Aufwand daherkommen. Wir haben deshalb, in diesem ersten Aufschlag, der sich ja primär an Musiker und an Musikinteressierte aller Fachrichtungen wenden will, auch außerhalb von Mathematik und Informatik, darauf verzichtet, hoffen aber dennoch, hinreichend präzise gewesen zu sein, damit entwickelte Begrifflichkeit und Erkenntnisse in konkreten folgenden Werkbetrachtungen fruchtbar werden können.
[eggeKdf]
Bachs Kunst der Fuge Piper, München, 1984 ISBN 3-492-00667-1 |
^inh 2015081402 | phaenomen |
Die Durchführung (Df) ist bekanntlich der mittlere Teil der klassischen Sonatenhauptsatzform (SHS).
Diese Form entwickelte sich als "Form für längere Orchester- und Kammermusik-Sätze". Ihre Wurzeln sind einerseits historische, nämlich die schrittweise Fortentwicklung und Konkretisierung von Eigenschaften von Orchesterouvertüren, also nicht-tanz-gebundenen Sätzen aus Suiten. Andererseits handwerkliche: die zunehmende Materialisierung/Reifikation abstrakter Grundprinzipien wie Wiederholung, Rückkehr, Überraschung, Entwicklung, etc.
So erleben wir einen deutlichen "Repriseneinsatz" im Sinne von "Rückkehr zum Anfang
auf einer höheren Erfahrungsebene" bereits
in Takt 124 des dreistimmigen Cp VIII der
Kunst der Fuge, ebenso in Takt 141 im Dreistimmigen Ricercar des Musikalischen
Opfers. Beide Stellen sind überdeutlich markiert durch eine drei- oder gar
vierfache Oktave des Grundtones, eine deutliche Singularität.
4
Also in relativ frühen Werken, stilistisch weit vor der Etablierung der SHS,
schon deutliche Momente daraus, sich ergebend als Konsequenzen
aus den Notwendigkeiten der rein musik-immanenten Logik, hier:
dialektischerweise den A' Teil
der A-B-A'-Formel deutlich zu markieren, deutlich auf den A-Teil beziehbar
zu machen, aber ebenso deutlich als dem gegenüber erweitert erlebbar.
Ebenso sind lange vor dem Aufkommen der "eigentlichen SHS-Form", wann immer man dieses datieren will, bereits Moment von Exp, Df und Cd zu finden, in Werken aller Stile und Epochen. In der klassischen SHS fanden diese sich dann halt zu einer stärker gefestigten Form zusammen, "gerannen". Man sehe z.B. die Durchführungsmaßnahmen wie Engführung, Diminution, Abspaltung in oe. Werken Bachs.
Hochzeit der SHS ist dann die Klassik und Romantik, in der ihre Bewältigung eine der Hauptaufgaben der kompositorischen Forschung wurde: Einerseits wurden die rein-musikalische Situationen wie Erwartung und Überraschung, Spannung und Lösung, Wiederholung und Veränderung an ihren Schnittpunkten und Formteilen "fest-gemacht", konnten abstrakte Tonsatz-Ideen in ihr "verortet" und als "für das Ganze sinnvoll" mit teleologische Rechtfertigung munter ausgeführt werden.
Andererseits wurde in Klassik und Romantik neu aufkommend
trans-musikalischer Gehalt realisiert, der losgelöst von den kirchlichen
Formen sich dem neuen wissenschaftlich-aufklärerischen Inhalten zuwandte.
Mit dem Wegfall der liturgischen Form wurde die abstrakte Form als
Projektionsfläche den neuen Inhalten adäquat.
Dessen wichtigster:
die Modellierung konkreter psychischer Zustände im konkreten Handeln und im
(im weitesten Sinne) politischen
Programm, jenseits aller Kunst, wie: Gewöhnung, Anpassung, Widerspruch,
Leiden, Erwartung, Steigerung, Ausbruch, Zusammenbruch.
Besonders von Beethoven wurde in diesem trans-musikalischen Bereich
die Analyse menschlicher Bedingtheit durchgeführt mit den Begriffspaaren
"Erlaubt/Verboten", "Ungewohnt/Bekannt", etc.:
Oft werden zunächst Wendungen aufgestellt, die explizit als "falsch und störend"
wahrgenommen werden sollen, um dann zuletzt, als Ergebnis der Vermittlung in
einem Durchführungsprozess, sich als in Wahrheit durchaus erlaubt und begründet
zu erkennen geben, -- eine wichtige politische Mitteilung.
(Siehe das dreinschlagende
As in T.48 etc. im Finale der Achten Sinfonie; den
Schnitt von A-Dur nach F-Dur bei der Exp-Wiederholung von "Es muss sein"
im F-Dur-Quartett; die "falsche Rp" in C-Dur im ersten Satz des späten
Es-Dur Quartettes; etc.)
In der Rezeption unterscheidet sich die Df von den "statischen" Teile Exp und Rp deutlich, ja schmerzhaft: In der klassisch-funktionalharmonischen Musik geschieht jeder Gewinn von Erkenntnis, und das allein kann schon politische Aussage sein, im Verlaufe der durchführenden Modulationen. Die Df ist allemal mitten im Fluß, vorübergehend, ephemer, niemals fixierbar, nie verläßlich festzuhalten, sondern nur im dynamischen Nachvollzug erneut (und damit jedesmal leicht anders) wieder-erlebbar.
Was nämlich in diesem Bedeutungs- und Handwerks-Zusammenhang ab der frühesten Klassik bis hin zur Spätromantik zum Standardinstrument wurde, ist die zyklische Behandlung von Tonarten in der Df, die Erlaubnis, ja Verpflichtung, sich in der Df, in bewußtem Gegensatz zu Exp und Rp, weit von der Ausgangstonart zu entfernen. Der Extremfall dieses Vorgehens ist es, erst auf "der anderen Seite des Quintenzirkels" in diese zurückzukehren, was allerdings auch bei weitestem Abschweifen seltene Ausnahme bleiben wird.
Dem entspricht als häufigste Transformationstechnik auf der Material-Ebene, also in den konkret klingenden Verläufen, ein Zusammenwirken von Abspaltung und Sequenzierung, welches die ursprünglich als eher groß-formatig, melodisch empfundenen Themen mehr und mehr zerlegt, bis hin zu Grundbestandteilen von wenigen Tönen.
Dies beides zusammen, harmonische und melodische Strategie, bewirkt eine
allen Werken dieser Epoche prinzipiell gemeinsame "Stoßrichtung der Empfindung",
eine gemeinsamen Grund-Ausdruck und damit einen transmusikalischen Gehalt.
Dieser läßt sich beschreiben durch "Subjektivität und Geschichtlichkeit":
Das Hauptthema, wie es exponiert wird, ist eine psycho-interne Befindlichkeit in
einem stabilen Zustand: Ein Wissen oder ein Behagen oder eine Gewohnheit.
Eine Aussage halt.
Die Df setzt diese in neue, ungewohnte Kontexte (=Tonarten),
entsprechend einer zunehmenden Belastung dieser Gewissheit durch
historisch sich ändernde Umstände der Außenwelt.
Dazu zerlegt sie die Melodik fortschreitend in Grundbausteine. Dies entspricht einer
Analyse der wahren Beweg- und Seinsgründe der ursprünglichen Befindlichkeit:
unter dem Druck der sich ändernden Umstände bleibt nur die psychische Grund-Substanz,
der Archaismus, die nackte, primitive Wahrheit übrig.
Dieser sog. "Motivischen Arbeit" entspricht der Gang der Harmonik:
Einfachstes Mittel, den erstrebten Prozess zu beginnen, die Zermalmungs-Maschinerie
anzuwerfen, ist die Sequenzierung,
also die schlichte Wiederholung desselben auf der nächsthöheren Stufe der Tonleiter.
Dadurch werden (in dialektischer Setzung
zur gleichbleibenden Kontur, zum als gleich gemeinten und wahrgenommenen
des Inhaltes)
die intervallischen "Geschlechter" ausgetauscht:
groß und klein, Dur und moll vertauschen die Plätze. Bleibt das ein vorübergehendes,
nur flüchtig berührtes Phänomen, z.B. weil sofort eine weitere, noch höhere
Wiederholung folgt, so fällt das nicht weiter "störend" auf, es geschieht ja
auch in jedem dritten Kinderlied. Wird es aber auf die Ebene des Bewußtseins gehoben
und z.B. durch Einführung von neuen Leittönen verstärkt, so beginnt damit bereits,
durch kleinst-mögliche Schritte und
auf allernatürlichste Weise, ein Prozess der Tonart-Aufweichung, des Tonart-Verlassens,
des Schweifens, des Weges in die Welt, des Helden-Liedes.
Dass dieser Austausch der Größen
der melodischen Intervalle dialektischerweise
sowohl als folgerichtig, ja, zwangsläufig empfunden wird, wie auch als
als bedeutungsträchtig, ja, unheildrohend, erweckt das Gefühl von Tragik:
Sehenden Auges geht der Held dem Untergang entgegen, -- jedenfalls wir sehen es,
sei er selber auch noch so verblendet ...
Endlich der ersehnte (oder überraschende!) Rp-Einsatz erst re-stituiert die "Persona", die Maske, den schönen Schein. Allerdings mit Modifikationen; die Df geht niemals spurlos am Individuum vorbei.
Dadurch dass die "persönliche Befindlichkeit" hier so konsequent durch die
verschiedensten Situationen geführt wird, an ihre Grenzen, teils gar über
ihre Grenzen hinaus, bis an den Rand der
Vernichtung, teils bis in die Vernichtung,
und einer gnadenlosen Sektion unterzogen, werden aber auch
gesellschaftliche Zustände analysiert, Grenzen, Regeln, Konventionen
teils sehr deutlich aufgewiesen: der harmonische Verlauf der Df spannt
den tonalen Zusammenhang bis zum Zerreissen, bis an die Grenze des Erlaubten,
bis zum Ausbruch der Revolution. Dieser Reiß-Punkt entspricht z.B. bei
Beethoven häufig dem Erreichen eines DV-Klanges aus vier kleinen Terzen,
der gleichberechtigt in acht verschiedene Richtungen führen könnte, ein
tonaler Indifferenz-Punkt, an dem die Musik ihre Rolle erfüllt hat, sie
in die Konvention der Rp zurückfällt, und das Heft des Handelns wieder an
den Hörer zurück übergeben wird, der den Konzertsaal verlasse und in seiner
realen Realität wieder zur Person werden soll. Und dort handeln.
Allerdings geläutert durch die erfahrene Erkenntnis.
Der analytische Prozess der Df ist häufig erschreckend, beänstigend, bedrohlich. Nicht zuletzt deshalb ist der Rp-Einsatz oft so befreiend, beglückend, erlösend.
Diese grundlegende inhaltliche Charakterisierung
soll die Vorbemerkung sein für eine kleine Reihe, in denen berühmte
SHS-Df der Klassik in aller Kürze vorgestellt und zusammengefasst werden sollen.
Dabei wird in erster Linie der harmonische Gesamtverlauf,
der "Modulationsplan" dargestellt werden.
Damit dieser als solcher sinnfällig wird, muss allerdings soweit als nötig
auf auch das konkret klingende motivische Material, die angewandten
Sequenz- und Abspaltungstechniken und die umgebenden Formteile
Exp und Rp eingegangen werden.
Schwerpunkt allerdings soll auf dem globalen harmonischen Verlauf liegen, eine
Art "Wanderkarte durch die Tonart-Landschaft".
^inh 2015081403 | monograph |
Den ersten Satz aus Beethovens Sturmsonate op. 31.2 mußten wir noch vor die Besprechung ihres Finales hier einschieben (welches unser eigentliches Anliegen ist !-), um den systematischen Zusammenhang herzustellen. Eine schlechte Wahl, denn hier versagen schon die meisten der im Einleitungsartikel so überzeugt und optimistisch aufgestellten Unterscheidungskriterien: Weder ist der harmonische Fortgang der Df isoliert überhaupt darstellbar, noch entspricht die gegenseitige Rollenverteilung der SHS-Formteile den Erwartungen, noch tun dies Exp oder Rp als solche, etc. Im Gegenteil: das Hauptmittel der formalen Gestaltung ist (aus Sicht des Normalfalles) die Dislokation, also das Verschieben eines Formbestandteiles an eine falsche Stelle, in einen ungewohnten Zusammenhang.
Verfolgen wir zunächst den Verlauf:
Der Beginn exponiert einen Kontrast: ein langsam gebrochener Akkord,
über fast zwei Oktaven, A-Dur-Sextakkord.
Dann eine schnelle hektischen Vorhaltskette, die diesen Klang eindeutig als
D zu d-moll entlarvt, kadenzierend im Halbschluss auf A-Dur. Dabei blitzt für
ein Achtel kurz auf die
für den Komponisten so charakteristische hartverminderte Doppeldominate
b+d+gis.
Dasselbe wird wiederholt: C-Dur-Sextakkord, Vorhaltskette in F-Dur, aber länger dauernd, sich steigernd, modulierend und überdeutlich kadenzierend nach T.21 in d-moll. Durch die Explizitheit dieser Kadenz (u.a. Sprung verminderte Sept abwärts) und den starken Gegenteil der Zerrissenheit vor ihr und der Einheitlichkeit danach, besonders in Tempo und Metrik, entsteht der Eindruck von "Einleitung und Allegro".
Nun bringt die linke Hand die Aufwärts-Dreiklangsbrechungen vom Anfang, aber zu einem zackigen Rhythmus von festen vier Tönen geschärft, abspaltend und sequenzierend. Zeile Seq-Exp der folgenden Abbildung zeigt den Verlauf, wobei ein notiertes Viertel für einen ganzen 4/4-Takt steht. (Die rechte Hand wirft hier und an den folgenden Parallelstellen klagende Doppelschläge ein, die den Gestus der Vorhaltsketten aufnehmen, was aber hier nicht besprochen wird.)
Der Verlauf beginnt mit den Grundfunktionen t, D, t als Sextakkord.
Dann folgt die DD als Sextakkord, die die Modulation nach a-moll einleitet.
Die letzte Kadenz geht nach der D von dieser Tonart, über die DD, welche
auf die Ausgangstonart bezogen die DDD wäre, und die deren Grundton negiert:
dis statt d.
Mit dieser D in T.41, einem E7-Klang, beginnt der Seitensatz. Dieser steht in a-moll
(auch nicht der Normalfall, F-Dur wäre häufiger) und greift die Vorhaltsmotivik
wieder auf.
Eine zweiteteilige Schlussgruppe (T.55, T.69) bleibt in dieser Tonart, wenn auch mit einer SN-Bildung, die sich dem d-moll wieder leicht nähert, und Ausweichung nach C-Dur.
Nach T.92 wird dann der allererste Anfang wiederholt, also zurückgesprungen zu T.1, der langsamen Dreiklangsbrechung A-Dur-Sextakkord.
Wenn man die "zackigen" Dreiklänge T.21 bis 41 als Haupt-Thema begreifen will, dann hat dieses mit Sequenzierung und Modulation schon dialektischerweise deutliches Df-Verhalten. Dass die gesamte Einleitung wiederholt wird bedeutet andererseits, dass etwas Als-Thema-Auffassbares wohl deutlich früher beginnen kann.
Wegen der vorgeschriebenen
Exp-Wiederholung ist der Df-Anfang deutlich als solcher markiert,
obwohl er zum Verwechseln ähnlich beginnt: Dreiklangsbrechungen wie in T.1.
Zunächst D-Dur-Sextakkord. Dies kann als durchaus "ersehnt" empfunden werden,
da bis jetzt der subdominante Bereich deutlich fehlte.
Dann aber der DV his+dis+fis+a. Dieser kann zunächst als dis+fis+a+c gehört werden,
welcher als DD zu a-moll ja bereits T.38-40 erklungen ist,
unmittelbar den SS evozierend.
Dann aber Fis-Dur, das dahinter anklingende H-Dur noch eine Quinte nach oben
übertreffend. Dies öffnet unvermittelt, als würde ein Schleier weggezogen,
die Pforte zu einer deutlich anderen Sphäre,
wo enharmonisch die moll-Terz der bisher nur angedeuteten
Subdominate zur strahlenden Dur-Terz des höchsten Punktes im Quintenzirkel wird,
Wiesen wo Milch und Honig fließt, ein erlöstes Elysium.
Dahinein platzt abrupt das Allegro der Exp, plötzlich im ff wieder die zackigen Dreiklangsbrechungen im Bass, das Schnitthafte noch betont durch den Dur-moll-Wechsel: T.99 wiederholt fast notengetreu das "Hauptthema" ab T.21, diesmal jedoch in fis-moll, eine Sexte tiefer, siehe Zeile Seq-Df im Notenbeispiel. Diese wenigen Takte realisieren den eigentlichen Modulationsplan der Df. Er entwickelt sich also durch geringe Erweiterung des Modulationsganges der Exp.
Der Anfang ist identisch (einschließlich der Einwürfe der rechten Hand, nun von der
linken gespielt).
Mit dem vierten Klang bringt Seq-Df die s statt der DD (als würde in Seq-Exp
g-moll statt E-Dur folgen, welcher Klang
aber, wie erwähnt, in der Exp konsequent vermieden wird).
Dann verlangsamt sich das Fortschreiten des Basses deutlich, sogar bis zum Stillstand:
s und sG, h-moll und G-Dur erklingen mit demselben gr-h als Basston.
Danach wieder kleinstmöglicher Aufstieg der Basstöne:
Das C-Dur kann als das eigentliche "Modulationsmittel"
angesehen werden, es ist SN zum e-moll und
(D)Tp in d-moll und wurde ja schon in der Einleitung
T.7 ausführlich gebracht, eindeutig in dieser zweiten Rolle.
Durch Parallelismus zum Klein-Sekund-Aufstieg begründet sich der chromatische
Schritt zum A-Dur, das zum d-moll führt. Diese doch nächstliegende Abfolge
gab es bisher noch nie in einen Grundakkord
(nur Quartsext- zu Sextakkorde, T.25->T.29, siehe Zeile Seq-Exp).
Über die DD T.110 h-d-gis und ihre (wie erwähnt typische) hartverminderte Form b-d-gis kadenziert der Satz nach A-Dur, welches trotz konsequenter Vermeidung der Tonklasse "g" (seit dem Ende des C-Dur in T.115!) eindeutig eine dominantische Farbe hat und somit die Rf-Funktion, das "Löcken der Rp" gut ausfüllt. (Das nach Langem erste g in T.140 empfinden wir nicht als überraschend!)
Letztlich beherrschen zwei verschränkte Chiasmen die gesamte Konstruktion:
Dialektischerweise geschieht der Einsatz der Rp ohne jeden Harmoniewechsel, da
sie die gesamte Largo-Einleitung wiederholt, die ja dominantisch beginnt.
Deren Zerissenheit wird sogar noch gesteigert: Nach dem ersten Akkord wird
ein Rezitativ eingeschoben, welches D79 und
t von d-moll auskomponiert und bereits kadenziert. Dann erst die
notengetreue Wiederholung der Vorhaltskette.
Anders nach dem zweiten Akkord, dem C-Dur-Sextakkord.
Auch hier ein Rezitiativ, welches nach f-moll ausweicht, also in einen
bisher völlig unberührten Raum weit in der subdominanten Richtung.
Dann aber folgt mitnichten die zweite Vorhaltskette, sondern ersatzweise eine Folge von Dreiklangsschlägen und -brechungen, siehe Zeile Seq-Rp: Nach der Kadenz nach f-moll wird ein Des-Dur umgedeutet nach Cis-Dur, und über fis-moll, D-Dur, g-moll, A79 und E79 kadenziert der Satz in ein A79 als D von d-moll, in welcher Tonart dann unmittelbar der eingerichtete SS erklingt.
Es wird also die gesamte Rp des HTh weggelassen und durch diese einmal durch den ganzen Quintenzirkel modulierende Akkordfolge ersetzt! In deren Verlauf tritt endlich auch der Klang g-moll breit auf, der bisher nur als Bestandteil vom hartverminderten e-gis-b-d flüchtig aufblitzte. Als Subdominante hat er oft, so auch hier, die Rolle, das nahende Ende des Satzes zu signalisieren.
Der Rest des Satzes ist eine unauffällige und fast notengetreue Wiederholung des Restes der Exp, zunächst eine Quarte höher transponiert, danach (l.Hd. ab T.194m.A., r.Hd. ab T.204) eine Quinte tiefer.
((
Sei in Parenthese eine Bermerkung gestattet zu der barbarischen Unsitte,
die Rp des SS ab T.189 in der Oberstimme "zu korrigieren".
Tatsächlich verlangte eine notengetreue Transposition der Exp hier eine
Weiterführung der Linie in Oktaven bis zum b''', statt dem Klebenbleiben auf
dem d''', und tatsächlich ist der Komponist durch die heute nicht mehr
bestehenden Beschränkungen der Instrumente zu dieser Lösung gezwungen gewesen.
Aber er hat nun einmal so komponiert, d.h. darauf reagiert,
seine Entscheidung getroffen, und viele weitere Entscheidungen an
anderen Stellen stehen in Beziehung zu der gesamten Tonraumdisposition, also
auch zu dieser einen kritischen Stelle. So ist im ganzen
Satz das f''' der Spitzenton, der schon
mit Auftakt zu T.13 erreicht wird, die bemerkenswerte Kadenz DD-t markierend;
mit Auftakt zu T.50 markiert er das Ende des SS; nach T.68 in der zweiten
Schlussgruppe wird er eben nicht mehr erreicht und schweigt
bis Rp-SS T.170, um nach T.175 für diesen Satz zu verstummen.
Diese sorgfältige und bedeutungstragende Disposition wird
zerstört, wenn man T.189 eigenmächtig oktaviert.
Ändert man diese eine Stelle, müsste man Vieles mitändern, und das
traut sich dankenswerterweise auch der arroganteste Tastenhengst dann doch nicht zu
...
))
Zusammenfassend läßt sich über die formale Gesamtdisposition feststellen, dass allerorten muntere Dislokationen herrschen:
Mit großem formalem Instinkt werden diese ereignisreichen dramatischen Prozesse aufgewogen durch ausgedehnte Flächen (T.41 bis 92 a-moll, T.121 bis 141 A-Dur, T.171 bis Satzende T.228 d-moll), in denen bezgl. harmonischem Fortschreiten garnichts passiert!
^inh 2015081404 | monograph |
Das Finale von Beethovens Sturmsonate op. 31.2 ist ein sog. "perpetuum mobile", ein Satz, in der die Sechzehntel in der Summe beider Hände pausenlos durchlaufen. Sowohl erklingende Zweiunddreißigstel als auch nicht-besetzte Sechzehntel sind Ausnahmen mit architektonischer Bedeutung.
Darüber hinaus meinen wir zu erkennen, dass in diesem Finale, aber auch schon in vorangehenden Kopfsatz die Frage nach den auf der Klaviatur möglichen symmetrischen Gestalten zentraler Gegenstand der in diesem Werke realisierten kompositorischen Forschung ist.
Die ersten Anschläge bereits zeigen das Problem: sie bilden eine "ballistische Kurve", eine Fallparabel mit (fast) gleichmäßig wachsenden Abständen (im Notentext erfolgt die Darstellung der letzten Töne in umgekehrter Reihenfolge, also aufwärts gebrochen, und die tiefe Oktave groß-D erklingt erst als Ziel der ersten Periode, mit T.15, ist aber logischer Endpunkt bereits mit den ersten Tönen):
Diese Töne orientieren sich deutlich an den d der verschiedenen Oktavlagen,
welche Taste ja ein Symmetriezentrum der Klaviatur bildet. Die Satzstruktur
versucht sich symmetrisch zu verhalten, besonders zum eingestrichenen
d, das ja auch im Körperlichen der Mitte der Klaviatur nahekommt.
Man sehe z.B. (S2) die fünf symmetrisch angeordneten d am erwähnten T.15:
Groß-D -- 1 Abstand --
klein-d -- 3 Abstand --
eingestrichen-d -- 2 Abstand --
d-zwei -- 4 Abstand -- d-drei.
Diese äußere Spanne Groß-D--d-zwei
wird (S4) mit T.31 als Endpunkt der ersten Themengruppe und mit allererster
Engst-Führung von rechter und linker Hand als ein Höhe- und Zielpunkt gleich
nocheinmal gesetzt.
Oder auch (S3) die zweimalige verminderte Terz es-cis-d ab T.10, die ebenfalls das d-eins umspielt, -- eine der wenigen in der funktionalen Harmonik bereitstehenden Möglichkeiten symmetrischer Setzung.
Weniger deutlich ist (S1) die Septime a'-g'' bereits in T.4: als Teil der dominantischen Form des Anfangsmotives ist sie selbstverständlich und nichtssagend; bedeutungsvoll im Sinne der Symmetrieproblemtik vielleicht, weil sie letztendlich eben nicht zum Zentrum d'' sondern (funktionalharmonisch korrekt) zur Terz f'' kehrt.
(S5) dann wieder sehr explizit: die Aufwärtsbrechung des verminderten Dreiklanges klein-f--h--d'--f'--h' in T.34, der das d' symmetrisch umschließt. Dieser kann als Pendant zu (Y5) und (Y6) im ersten Satz gehört werden, der DV-Brechung T.169f: Während dort gis und d als zwei gleichberechtigte Symmetrieachsen gefeiert wurden, fehlt hier ausdrücklich das gis, es "schweigt beredt" und spart sich für die Df (S11) auf.
((
Vor dem Einsatz des SS, der hier wie schon im ersten Satz in
der moll-Tonart der fünften Stufe steht, auf der Eins von T.43 eine
Lücke, ein fehlender Sechzehntelanschlag in der sonst durchlaufenden Folge.
))
Das zweite Motiv des SS führt die Symmetrie (S5) weiter mit der auffüllenden
Achtel-Folge
(S6) = (g''-)f''-e''---d''---c''-h'-a'
Zwar klingt das g'' nur als Nebennote im Praller, ist aber deutlich Teil der
Symmetrie. Das folgende gis' ist deshalb wichtig, weil es einerseits die Symmetrie
bricht (oben müsste ihm ein as''' entsprechen), andererseits aber dialektischerweise
selber die andere Symmetrieachse der Klaviatur realisiert.
((
Man beachte mit welch großer "Kunst des kleinsten Überganges" diese so
einfach beginnende Struktur schrittweise zur Polyphonie geführt wird:
Zunächst erfolgt T.59 eine einfache Wiederholung des letzten Viertakters.
trugschlussartig mit F-Dur=tG=sP harmonisiert, gefolgt von B-Dur=sN.
Daraufhin erklingt die Mitte dieser Gestalt nun mit t als Quartsextakkord,
und die Sekundschritte des Basses, gerade neu aufgetreten und noch unsystematisch,
werden zum Stufengang e-d-c systematisiert und gleich zu
Achteln diminuiert, also verschärft, und ab T.63 als aufstrebend sequenzierte
Dreitonfiguren im Achtelrhythmus fortgeführt. Dazu kommt in der Oberstimme
der linken Hand auf das natürlichste ein Sekundanstieg in ganzen Takten,
a--h--c; beide treffen sich T.87 in der nur scheinbar homophonen Austerzung.
))
Die nun beginnende Schlussgruppe, markiert durch "Nullstellung" der Harmonik und noch
weitergehender Vereinfachung des motivischen Materials, greift ab T.67 in der
Unterstimme der linken Hand die Fallparabel wieder auf und beweist diese damit als
thematisch.
Man beachte zu T.73 die beiden fallenden Quinten klein-h -- e -- groß-a, die auch um
Symmetrie ringen, und die als Auftakt zu T.87 zu Sechnzehnteln verkürzt wiederholt
werden. Sie werden in der Rp T.306/307 zu (S12) werden und erklingen übrigens kurz
nachdem die so wichtige Oberstimme der l.Hd. den Zug f'-e'-d'-c'-h aus (S6) deutlich
vernehmbar wiederholt hat (=S6b).
Die notorische Umspielung des a in den letzten Takten der Exp ist selbstverständlich nicht symmetrisch, man bendenke jedoch die zu erwartende Einrichtung in der Rp, wo (S14) Auftakt zu T.319 cis-d-es-d sogar klaviatursymmetrisch auftreten werden.
(S7) Die letzten zwei Takte der Exp, T.93f., sind allerdings zumindest "griffsymmetrisch" (wie definiert im Grundsatzartikel über Symmetrien), da a-b-cis-d eine in sich symmetrische Tastenkonstellation darstellt.
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Diese Konstellation war auch im ersten Satz ab T.17, dreimal wörtlich
wiederholt, die erste explizit symmetrische Konstallation (Y1). Wenige Takte
später umgefaltet in der Oktavlage die prägnante Folge b'--cis'--a'--d, welche
die Mitte des Tonikadreiklanges symmetrisch zu umschreiben versucht (Y2).
In T.35 der Bestandteil klein-gis--d'--gis der DD ist zwar durchaus symmetrisch,
aber eher beiläufig. Explizit so gemeint dann aber wieder (Y3)
die Abwärtsbrechung ab T.50: f'''--d'''--h''--gis''--f''--d''--h'--gis'--f'--d'--
h--gis--f--d, leicht schiefsymmetrisch zum Zentrum der Klaviatur gis'.
Dann sehr bedeutend bezogen auf die Architektur des Finales, wie im folgenden beschrieben, die Stelle (Y4), die Kadenz auf das einstimmig gesetzte as' in T.158 (als Terz von f-moll, oder Grundton von As-Dur). Diese wird systematisch erweitert zu (Y5) T.169 d''--h'--[gis']--f'--d' und (Y6) Auftakt zu T.170 d'--f'--gis'--h'--[d'']--f''-gis''--h''--d'''--f''', wo also beide Symmetrieachsen der Klaviatur engstmöglich aufeinanderfolgen (wie schon in T.119, T.120, dort allerdings nicht in besonders symmetrischer Setzung).
Hiermit ist ein erster Höhepunkt symmetrischer Gestaltung der gesamten Sonate erreicht, der erst im Finale, sich deutlich auf (Y4) u.a. beziehend, weiter übertroffen werden wird.
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Geht man nun im Finale von T.94 zur Exp-Wiederholung T.1 zurück, so ist die Folge f''-e''-d'' zwar funktionalharmonisch zwingend, aber von fast schmerzhaft empfindbarer Unsymmetrie.
Der Übergang zur Df, zur Taste dis/es statt d ist daher ein sehr logischer und wird auch so empfunden, und das, obwohl die plötzliche Chromatisierung und damit Negation des Grundtones einer der härtest mögliche Mittel der harmonischen Darstellung ist, eine typische Pathopoia, eine Chromatisierung auf betonter Zeit, mit höchster Emphase.
Wir empfinden hier deutlich ein "dis", also eine Hoch-Alterierung, ein Ton, der von unten gegen das e'' "drückt", also als Schritt eine kleine Sekunde und nicht etwa einen chromatischen Schritt.
Das folgende b macht allerdings ein es wahrscheinlicher als ein dis, so dass sich in den folgenden Takten "irgendwo" als ein zweiter ein enharmonischer Schritt dis--es vollzieht: mit dem d in T.98 ist das "es" unmissverständlich geworden.
Es folgt eine Brechung des als tonikal erreichten g-moll-Dreiklanges, der s der Grundtonart. Hiermit beginnt der Gang der Df-Modulationen durch die Tonarten, welcher durch Sequenzierung des Anfangsmotives des Satzes und seiner Umbildung realisiert wird, immer in echo-artiger Verteilung auf beide Hände. Dabei herrscht sowohl in Motivik wie Satzstruktur wie Harmonik allerbunteste Bewegtheit, was durch eine (bis auf wenige architektonisch relevanten Ausnahmen) streng durchgehaltene Vier-Takt-Metrik aufgefangen wird.
Der folgende Notenauszug zeigt die Abfolge der Harmonien, jeweils auf eine angenommene "Äqual- oder Nominal-Lage" verkürzt (plus evtl. wichtige Einzel- und Extremtöne) und im zeitlichen Maßstab 1 Takt = 6/8 als 1/4 dargestellt:
Es folgt in T.102 ein recht genaues Echo von T.95, eine weitere Pathopoia, ebenfalls die Negation des Grundtones, gis statt g als Bestandteil von E7 als D zu a-moll.
Hier wird zum ersten Mal ein Kontrapunkt aus einer Skalenbewegung
gegen die Kadenz gesetzt, welcher im Verlaufe der Df zunehmend an Länge
und an Bedeutung gewinnt
(bis zu seiner Apotheose T.175, nach genau 2/3 der Df).
Ausserdem hier ein Streben nach Symmetrie (S8):
gis'--h''--d''--f'', es fehlt überdeutlich noch das gis'', um sie zu komplettieren
und beide Symmetrieachsen der Klaviatur zu vereinen.
Die nächste Pathopoia macht aus dem a-moll ein A79 als Dominante zu d-moll. Dieses wird auf schwacher Zeit in T.114 "beiläufig" dann tatsächlich erreicht: Kadenz in die Ausgangstonart des Werkes!
Die nächste Pathopoia in T.118 erhöht nicht den Grundton sondern erniedrigt die Quinte: d-f-as ist Dominante nach c-moll, welches in T.123 erreicht werden wird. Hier zunächst mit dem as, der Symmetrieachse der Klaviatur, auch programmatische doppelte, chiastische Setzung (S9) d'--as'--as''--d''. Dies in direkter Entsprechung zu (S8), wo dieselbe Taste "gis" hieß.
Ab hier auch deutliche Komplexierung der Satzstruktur: beide Hände wandern nicht mehr gleichsinnig, sondern gegenläufig, auf einander zu und von außen zur Mitte der Klaviatur. Dieser Prozess findet sein "natürliches Ende" in T.126; diese Stelle wirkt deshalb so überzeugend "zwangsläufig", weil hier der Mittelgrund-Satz (=Akkordfolge) unmittelbar im Vordergrund exprimiert wird: der Ton klein-g erklingt erst in der linken Hand als oberster Ton ihrer Akkordfolge, dann in der rechten als unterster, -- beide Hände treffen sich zum ersten Mal in derselben Tonhöhe, wenn auch zeitlich versetzt. Bisher war ihr Abstand immer mindestens eine Terz, bis auf die übermäßige Sekunde f'-gis' bei (S6b) in T.85, die dadurch nochmals als Symmetrie-Stelle betont wird.
Dann T.127 als Variante der Pathopoia die Erhöhung der Sext, was aber ebenfalls auf die Erniedrigung der Quinte hinausläuft: c-es-ges-a als D nach b-moll, erreicht in T.131.
Dies wird ebenfalls unbetont erreicht: T.129/130 entsprechen T.113/114.
In T.135 ein Schritt zum ersten Mal ohne Pathopoia, ohne Gewalt, sondern höchst beiläufig und unauffällig: der b-moll-Klang b+des+f wird durch einen es7 ersetzt: es+ges+b+des, also nur ein Ton gegen zwei ausgetauscht, siehe Notenauszug.
Dieses ist nun das "spirituelle Zentrum" des ganzen Satzes und der Schlüssel zu
seiner Architektur. Jedenfalls war dies der Klang, der den Verfasser zu weiteren
Forschungen anhielt. Dieses es-7 ist nämlich rein funktionalharmonisch
nicht zu begründen.
An sich schon sind moll-Septakkorde in der klassischen funktionalen Harmonik
gänzlich unbekannt, wenn auch als Durchgangs-, Vorhalt- oder rein klangliches
Phänomen häufig anzutreffen. Aber eben nie Funktionsträger, nicht "first class
resident".
(Der milde Schmelz des moll-Klanges mit kleiner Sept eignet ihn als Vertreter
von Sextakkorden oder als Mischung aus Subdominante und deren Parallelen,
also als Sixte ajoutée zur Dur-Subdominanten.)
Hier jedoch mutet der es-7-Klang als bewußt gesetzt und vollkommen richtig an!
Wie kommt das?
Die Lösung ist ganz einfach: er ist nämlich ein vollkommen klaviatursymmetrischer
Griff, und als solcher ein erster erfolgreicher
Höhepunkt des Ringens des ganzen Satzes, ja der
ganzen Sonate, siehe oben aufgeführte Stellen (Y1) bis (Y6) aus dem ersten Satz,
um vertikale Symmetrieen!
Anders ist dieser Akkord nicht zu erklären, das aber erklärt ihn ganz!
Die gesamte, durchweg als schmerzhaft empfundene Unsymmetrie fast aller vorangehenden
Griffe ist hier auf wunderbar-sanfte Weise plötzlich hinweggenommen, und entsündigt
können die Finger sich in hinfließender Symmetrie gleichberechtigt ergänzen. Symbol
wiedergewonnener Unschuld, Spielfreude und Natürlichkeit, jenseits aller Zwänge von
Tonalität, Triebverzicht und Kultur.
Nein, nicht nur Symbol, sondern Realisierung all dessen.
Prae-funktionale Berechtigung statt steifer Korrektheit.
Die konkrete Satzweise spielt diese Symmetrie direkt in den Vordergrund: T.135 die Töne der l.Hd. groß Es, Ges und B liegen genauso weit unter d-eins wie des''', b'' und ges'' darüber. Gleiches gilt im nächsten Takt für Ges, B und Es gegen b'', ges'' und des'', und entsprechend im folgenden Takt, jedesmal weiter zur Mitte und zusammenrückend. Wenn dies noch zwei Takte so weiterginge, wäre Zielpunkt genau das eingestrichene d'!
Diese Stelle, in unserer Zählung (S10), markiert genau das erstes Drittel der Df (95+(120/3)) und ist der deutlichste Hinweis, dass die Frage nach den möglichen Symmetrieen des Klaviersatzes in diesem Werk ganz eindeutig die Rolle eines "Zweiten Systems" einnimmt, wie in dem entsprechenden Grundsatzartikel definiert.
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Der weitere Verlauf scheint zunächst konventioneller, siehe den Notenauszug:
T.139 Rückkehr nach b-moll (zum ersten Mal in der Df überhaupt ein Schritt zurück);
T.143 Ges-Dur, Dominantisierung (nicht durch Pathopoia, sondern sanfter
durch chromatischen Durchgang im Bass, siehe Notenauszug)
nach T.147 As-Dur. Dasselbe nochmal, nach b-moll, erreicht in T.151 zum
dritten Mal, mit einer veritablen Scheinreprise!
(Mit deren zweitem Viertakter T.155=95+(120/2) ist genau die
Mitte der Df markiert.)
Nach dieser scheint die chromatische Aufwärtsbewegung und Dominantisierung sehr ähnlich zu den Takten vor ihr fortgesetzt zu werden, siehe Notenauszug, nun allerdings über einem Orgelpunkt groß-B: T.159 (->T.141) b-moll, T.161 (->T.143) Ges-Dur, T.163 Es-79 (->T.145 Es-7), T.165 nun nicht As-Dur wie in T.147, sondern gleich weiter dominatisiert zu B79.
Allerdings zeigt der ganz grobe Blick auf die Seite 43 der Henle-schen Urtext-Ausgabe, sogar ohne Lesebrille aus drei Metern Entfernung, eine überaus auffällige, ins Auge stechende Besonderheit: die ganze Seite ist übersät mit b-Versetzungszeichen, bis auf das Kreuz vor dem gis-eins und gis-zwei in den letzten beiden Takten, T.165f.
In der Tat widerspricht die Notation der diachronen Wahrnehmung, sondern ist nur a-posteriori korrekt (Wie auch schon im Taktz zuvor fes vs. e!)
Die neben der Taste d, dem Grundton der ganzen Sonate, zweite Symmetrieachse der Klaviatur ist es, die hier brutalstmöglich hereinschlägt, in dreifach symmetrischer Setzung (S11) = klein-gis--d'--gis'--d''--gis''.
Diese ist zutiefst bezogen auf (Y3), das zu Beginn der Reprise so verzagt erklingende, die ganze Last des Zieltones tragen müssende, ebenfalls mehrdeutige (f-moll oder As-Dur?) einsame eingestrichene as in T.158 des ersten Satzes: Beidemale gleich weit weg vom Ausgangston, beidemale die Symmetrie aussprechend durch weitestmögliches Dehnen des funktionalharmonischen Kontextes, und beidemale sowohl harmonisch als auch in allen Äußerlichkeiten auf extremen Gegensatz gestellt.
Ihre Auflösung findet sie in T.169, klargestellt als gis, nicht as, als Leitton der Doppeldominante in die Dominante der Grundtonart. Die Einbettung der Symmetrie (jedenfalls dieser) in den funktionalharmonischen Kontext ist nur möglich durch ihre Aufgabe, den Rück-Schritt zum a.
Es folgt rekordverdächtigerweise eine zweite Scheinreprise, diesmal sogar in der vorweggenommenen Zieltonart. Durch subdominante Ausweichung und Übersteigerung des Skalen-Kontrapunktes (T.183 es-d-c-b-a-g-fis = 8 Töne!) wird weitergehende Verlangsamung des harmonischen Rhythmus erreicht, bis dann ab 199 der über 16 Takte ausgehaltene Dominantklang eine überdeutliche Rf realisiert.
In T.215 beginnt die größtenteils konvenionelle Rp.
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In dieser ist für unser Thema nur noch die Einrichtung des Seitensatzes, also seine Transposition in die Haupttonart und die damit verbundenen Umbiegungen relevant.
So wird als (S12) mit Auftakt zu T.307 der damals schon auffällige Quintenfall klein-h--e--Groß-A zur Knickfigur klein-e--Groß-A--klein-d, deutlich symmetrisch.
Nur einen Takt später (S13) dank erwähnter Transposition nun "makellose" Symmetrie mit fis''--g'' in der rechten vs. klein-b--a in der linken Hand.
Dann bereits oben erwähntes (S14), die endlich wirklich symmetrische Umspielung cis--d--es--d des zweigestrichenen d auf T.319 am Beginn der Coda.
All diese Details, besonders aber der es-7 Klang bei T.135 als ein erster Höhepunkt der Df, machen klar, dass das Problem der Symmetrie der Klaviatur und ihr verschobenes Verhältnis zur Logik der funktionalen Harmonik Gegenstand der kompositorischen Forschung und somit zentrales Thema der gesamten Sturmsonate ist und ein überaus typisches "Zweites System".
(Wir vermuten ähnliches in der Waldsteinsonate op.55: c+e steht ja auch symmetrisch zur Klaviatur und geht als erstes nach d+fis, bald darauf in T.5 nach b+d. Möge geneigter Interpret da weiterforschen ...)
1 Der Musiker benutzt übrigens die Ausdrücke "Klaviatur", "Schlüsselbrett", "keyboard" und "Klavier" austauschbar. Jede größere Orgel hat z.B. mehrere Klaviere, eines davon wird gebildet durch eine Reihe von Fuß-Tasten und ist ein Klavier, das auch "Pedal" heißt. (Was Frau Erna Paneslowski aus Massachusetts schickt ist hingegen mitnichten ein Klavier, sondern ein Pianoforte !-)
2 Interessanterweise ist obiges Diagram selbst für den Verfasser als erfahrenen Pianisten schwer zu lesen, denn SOWOHL die Zwischenräume als auch die Linien als "weiße Tasten" zu interpretieren ist weder ein bewußt ablaufender noch ein automatischer Übersetzungspfad. Vielmehr geht das Notenlesen einen Umweg über die Ton-Namen und Ton-Bedeutungen, die dann "automatisch" in Griffe übersetzt werden. Wenn ich z.B. weiß, dass ich in Des-Dur spiele, wird mit der Note auf der zweitobersten Linie überhaupt keine weiße Taste mehr verbunden, sondern eine semantische Entität "des", die sofort und un-mittelbar auf eine schwarze Taste verweist.
3 Diese Zusammenfassung führte zu der Nomenklatur "Erster Teil" für Exp und "Zweiter Teil" für Df und Rp zusammen, die, obwohl bei ihm längst keinerlei Wiederholung mehr stattfand, bis hin zu Bruckner üblich war, siehe die doppelten Taktstriche in dessen Ecksätzen!
4 Als dem Beginn eines Df-Charakters entsprechend könnte man im ersten Falle T.68 auffassen (F-Dur und charakteristischer freier Kp), oder T.89 (Engführung des zweiten Subjektes, gefolgt von Sechzehntelläufen) oder T.94 (Einsatz drittes Subjekt = Hauptthema). Im Dreistimmigen Ricercar könnte es sein T.87 (Achteltriolen) oder T.109 (Terzparallelen, beides durchaus Übernahmen aus dem "freien" Satz). Keiner dieser Punkte aber hat im Vordergrund diese bewußt gesetzte und gemeinte Eindeutigkeit wie der Rp-Einsatz.
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