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^inh 2016020700 | ereignis |
Am siebenten Februar 2016 spielte im großen Saale der Philharmonie zu Berlin das Symphonieorchester der Universität der Künste unter Leitung von Steven Sloane die Zweite Sinfonie von Gustav Mahler. Es sangen Laura Claycomb und Lioba Bauer, die Sing-Akademie zu Berlin, Teile des Staats- und Domchores und die Berliner Singakademie.
Was die Chöre angeht handelt es sich also um eine Ost-West-Vereinigung, und die durch die schiere Menge der beteiligten Sänger erzeugte Sattheit des Klanges war ein beeindruckender Beweis von deren Sinnhaftigkeit.
Auch sonst kann Rezensent die Aufführung nur als "fast perfekt" bezeichnen, also gar nicht viel dazu sagen. Zwar hörte er in drei Instrumenten jeweils eine Unsicherheit, aber es muss so jungen Menschen verziehen werden, bei großen solistischen Auftritten von Nervosität noch beeinträchtigt zu werden. Aber Tempowahl, Ausdruck und klangliche Ausgewogenheit näherten sich dem Ideal.
Interessant die Pausenstrukturen: Nach dem ersten Satz verließ der Dirigent
das Podium für gut zwei Minuten, das Orchester schwiegt, um der
Anweisung des Komponisten in der Partitur jedenfalls ansatzweise zu genügen.
Zwischen zweitem Satz und Scherzo folgte eine "normale" Satzpause,
so dass die klingenden Lücken zwischen den Sätzen sich bis zum "Attacca"
der letzten systematisch verkürzten. Durchaus überzeugend.
Überraschenderweise ebenfalls überzeugend war die Maßnahme, die Aufführung
des zweiten Werkes des Abends, Charles Ives, The unanswered question,
zwischen Alt-Solo und Final-Ausbruch einzuschieben.
Rezensent war zunächst sehr skeptisch, aber es funktionierte:
Ein Innehalten, ein Atemholen, ein Abstand-Nehmen, eine Trompete aus
nicht verortbarer weiter Ferne,
die als Echo gehört werden kann
der Jenseits-Fanfaren aus der Schluss-Glitzer-Fläche des Scherzos. Eine
harmonisch offene Struktur welche als Dominante zum anschließenden c-moll/C-Dur
gehört werden kann, obwohl in sich ruhend und ohne jede Zielgerichtetheit.
Wie ein Seufzen "es ist genung."
Mahler selber hatte den freieren Umgang
des Dirigenten Oscar Fried mit den Pausenvorschriften (in der Aufführung
Berlin, 1905) in Nachhinein durchaus gutgeheißen, als angemessene Alternative
bezeichnet.
Obwohl die Interpolation eines ganzen, eigenständingen (wenn auch kurzen)
Werkes auch
deutlich weitergeht, mag sie in diesem Sinne, wenn auch nicht vom Autor
in persona
gestattet, so doch vom Ergebnis her vom Werke selbst
als angemessen bezeichnet werden. Vielleicht ist das sogar die höhere
Autorität.
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2019-12-20_20h33
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